TB Erlangen: "Wir müssen wieder eine Einheit werden"

14.1.2019, 11:30 Uhr
TB Erlangen:

© Foto: Harald Sippel

Ein paar Sekunden können es alle nicht glauben. Der Ball liegt im Tor. Ausgerechnet nach einer Ecke. Loenie Hunger, die geschlagene Keeperin, reißt die Arme hoch, die Mienen ihrer Teamkolleginnen sind schmerzverzerrt. Auf der Auswechselbank beginnen sofort die Diskussionen. Alle fragen sich: Wie konnte das passieren? Ratlose Gesichter, hochrote Köpfe, Schuldzuweisungen, Co-Trainer Carsten Braun wedelt mit dem weißen Taktikbrett herum. Kurz vergessen die Beteiligten, dass auf dem Feld das Spiel längst weiter geht.

Bröckelt der Zusammenhalt?

Knut Holzschuh tritt bei der nächsten verpassten Chance frustriert gegen die Hallenwand. 15 Minuten sind noch zu spielen, im Hallenhockey mehr als genug Zeit für zwei Tore. Anna Prieß kommt vom Feld. Die Kapitänin stand selbst in der Abwehr, als der Turnerbund dieses 2:4 kassiert hat. Auch ihr Kopf: rot. Vor Anstrengung, aber auch vor Ärger. "Beim Gegentor hat die Abstimmung nicht gepasst. Das muss ich auch auf meine Kappe nehmen, ich muss vorher nochmal durchzählen und jedem sagen, was er zu tun hat." Das aber wissen die Spielerinnen aus dem Training eigentlich selbst.

Es droht die nächste Niederlage. Dabei kämpft der Turnerbund sowieso schon um den Klassenverbleib. Der etatmäßige Trainer Johannes Anzeneder fehlt wegen eines Auslandsaufenthalts für ein halbes Jahr, Stammspielerin Sandra Gruber, die zumindest wieder trainieren kann, fällt noch verletzt aus. Diesmal aber bricht das Team nicht zusammen. Im Gegenteil. Nachdem zuvor Ronja Bortolazzi den Rückstand aufgeholt hat, gleicht nun Cosima Weidlich mit zwei Toren aus. Nach einer Ecke hebt sie den Ball zum 3:4 rechts oben in die Maschen, 13 Minuten sind nun noch zu spielen. Keine 180 Sekunden später: wieder Ecke, wieder Weidlich, wieder Tor. 4:4.

"Dass wir das fünfte Tor nicht rein machen, um das Spiel zu entscheiden, ist bitter", sagt Prieß wenig später. Das Unentschieden ist natürlich eigentlich zu wenig. Doch aktuell zählt auch das schon als Erfolg. "Das Positive ist, dass wir zweimal den Rückstand aufgeholt und an uns geglaubt haben. Wir machen gerade einen Prozess durch, in dem wir wieder zu uns finden müssen." Die Mannschaft, da ist die Kapitänin sehr ehrlich, hat sich irgendwo in der Hallen-Hinrunde verloren.

"Das Team hat sich verändert. Jetzt müssen wir zusehen, dass wir wieder eine Einheit werden. Keiner darf das Gefühl auf dem Feld haben, er müsse alles alleine entscheiden." In den bisherigen Spielen "haben wir uns an uns selbst aufgerieben, sind uns selbst im Weg gestanden". Für Prieß, die seit neun Jahren beim Turnerbund spielt, war es eine "komische" Saison. "Wir waren ratlos, denn wir hatten eigentlich alles gemacht." Die Mannschaft trainierte, versuchte in den Spielen alles richtig umzusetzen. Nur: Es klappte nicht. Es gab Niederlagen, unerwartet, verdient, eine "Frustrations-Spirale" zog sich immer weiter. "Da ist es schwer, sich selbst aus dem Dreck zu ziehen." Doch die Hockeyspielerinnen wollten wieder eine Einheit werden — und suchten sich Hilfe.

+++ Der Lokasportcast: Das Interview mit Anna Prieß +++

Duncan Woods, Mental-Trainer und Ehemann von Kate Woods, die selbst seit Sommer zur Mannschaft gehört, setzte sich vor Weihnachten mit dem Team zusammen. Auf Englisch, weil die Familie Woods aus Südafrika kommt, und ganz direkt sprachen sich alle aus. "Wir müssen wieder ganz viel Vertrauen aufbauen zu uns selbst, aber auch zu den Mitspielern", sagt Prieß. In diesem Bezug sei das Spiel ein Fortschritt gewesen.

"Der Prozess hat stattgefunden", meint sie. "Wir haben die einfachen Dinge gemacht, von Station zu Station gespielt. Dann hat es auch funktioniert." Die Spielerinnen wollen wieder füreinander da sein. "Wenn ich einen Fehler mache, ist die Teamkollegin da. Jeder kann der Game-Changer sein", derjenige, der das Spiel dreht. Gegen Wacker München war es so. Cosima Weidlich, ebenfalls eine der routinierten Spielerinnen im Team, erzwang den Punktgewinn.

"Wir haben jetzt einen guten Plan für die Rückrunde", sagt Prieß, auch wenn "wir über oben mitspielen nicht mehr reden müssen". Dazu war die Hinserie zu schlecht. "Das wichtige ist, dass wir uns vertrauen und als Team stärker werden." Das 4:4 war ein Anfang.

TB Erlangen: Hunger; Bortolazzi, Branahl, Fröba, Haft, Handreke, Mahlberg, Pierer von Esch, Prieß, Vollrath, Weidlich, Woods.

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