The Jezabels: "Wir alle mögen dramatische Musik"

10.7.2014, 16:41 Uhr
Während eines Tourstopps in der Schweiz beantwortete Jezabels-Keyboarderin Heather Shannon (zweite von rechts) unserer Fragen.

© pr_Lores Während eines Tourstopps in der Schweiz beantwortete Jezabels-Keyboarderin Heather Shannon (zweite von rechts) unserer Fragen.

Woher bezieht eure Musik diese Intensität und Dichte? Ist das einfach euer bevorzugter Sound, die Chemie zwischen den einzelnen Bandmitgliedern, oder klingt so eure Lebenserfahrung?

Heather Shannon: Wir alle mögen dramatische Musik. Sie bedeutet uns sehr viel, und wir wenden eine Menge Zeit dafür auf, fürs Lauschen wie fürs Komponieren. Es ist uns wichtig, etwas emotional Bedeutungsvolles zu schreiben - für uns sowie für unser Publikum. Ich kann Musik nicht mal eben so nebenbei angehen. Und die Chemie zwischen uns macht sicherlich auch einiges aus. Wir können ebenso entflammbar wie streitbar sein. 

Ihr spielt bereits seit sieben Jahren zusammen; wie kommt ihr nach all der Zeit miteinander zurecht, gerade während der langen Tourneen?

Shannon: Wir haben schon so einiges durchgemacht, aber im Moment läuft alles entspannt und wir verstehen uns gut. Wenn wir doch einmal Zoff haben, ist das meistens äußerlichen Faktoren wie beispielsweise Leuten von der Plattenfirma geschuldet.

Ihr müsst weit reisen, wenn ihr außerhalb der eigenen Nachbarschaft spielen wollt. Fühlt man sich da isoliert von der Musik- und Festivalszene, wie wir sie beispielsweise in Europa haben?

Shannon: Auf jeden Fall. Besonders in England spüre ich das. Was die Musikindustrie betrifft, so scheint man dort allerdings zwangsläufig immer wieder demselben Menschenschlag zu begegnen. Alles ist männlich dominiert und von der oberen Mittelklasse geprägt, zudem so intellektualisiert, dass es schon an Snobismus grenzt - bis hin zu den Klamotten. Das wirkt auf mich gelegentlich schon geradezu klaustrophobisch.  

Die Jezabels haben es innerhalb weniger Jahre weit gebracht. Was für einen Einfluss hatte das auf euch, gerade seit 2011 euer Debütalbum ("Prisoner") so abhob?

Shannon: Als ich noch zur Uni ging, habe ich gar nicht richtig verstanden, was es bedeutet, in einer Band und auf Tour zu sein, geschweige denn dass das eine Vollzeitbeschäftigung sein kann. Inzwischen bin ich dank der Band ganz schön rumgekommen.

Buchstäblich tausende Deutsche machen sich jährlich auf, um als "Backpacker" für ein paar Monate durch Australien zu reisen, gerade nach der Schule; zwangsläufig müssen euch einige davon begegnet sein. Gleichzeitig hattet ihr seit 2011 schon mehrere Auftritte in Deutschland. Welchen Eindruck haben Land und Leute bei euch hinterlassen?

Shannon: Ich wollte schon immer Zeit in Deutschland verbringen. Ich habe klassisches Klavier studiert und viel von Bach gespielt - weswegen ich auch anfing, die Sprache zu lernen. Ich bin ein bisschen germanophil. Und ich wurde kein bisschen enttäuscht, als ich dann endlich nach Deutschland kam. Ich liebe das Land und die Leute. Auf mich wirken die Deutschen philosophischer und nachdenklicher als andere Nationalitäten. Das gefällt mir.

Wenn ihr Freunden eine witzige Anekdote über eure Erlebnisse hier erzählt...?

Shannon: Im Februar diesen Jahres hatten wir einen Auftritt in Berlin. An der Absperrung vor der Bühne stand ein Pärchen, die Brüste der Frau hingen einfach so aus ihrem Shirt, und der Mann hielt sie fest umklammert. Die ganze Show über sind die so dagestanden und haben aufmerksam gelauscht, mit ernstem Gesicht. Das war schon sehr skurril.

Machst du eigentlich auch Sightseeing, wenn du Zeit findest zwischen den Auftritten?

Shannon: Ich gehe schon gelegentlich ein wenig auf Entdeckungsreise, aber manchmal ziehe ich mich auch mit einem Buch zurück. Es ist schwer, immer aufnahmefähig zu bleiben, wenn man so viel unterwegs ist.

Nach der letzten Tour seid ihr gleich wieder ins Studio, um euer zweites Album, "The Brink" (zu deutsch: Der Rand des Abgrunds), aufzunehmen. Was kommt als nächstes? Verweilt ihr dort erstmal, um noch tiefer in den Abgrund zu blicken, wenn nicht gar hinabzusteigen? Oder geht es auf zu neuen Ufern?

Shannon: Jemand fragte uns neulich, wie unsere Lieder noch so frisch wirken können, obwohl wir sie jeden Tag spielen. Ich glaube, es verhält sich genau so: Je öfter man einen Song spielt, umso tiefere Einblicke in ihn erhält man. Und diese Zeit braucht es auch. Es ist wie bei einer Zeichnung: Man startet mit den Konturen und macht sich dann daran, diese auszumalen. Mit jedem Auftritt gewinnt sie an Facetten. Wir suchen immer nach neuen Orten, das nächste Album wird eine ganz neue Welt.

Worauf freust du dich am meisten nach der langen Tournee?

Shannon: Wieder ein Zuhause zu haben! Mitsamt Bücherregal und Klavier.
 

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