Tödliche Havarie in Erlangen: "Es zerreißt uns das Herz"

11.9.2016, 16:00 Uhr
Dort, wo eigentlich das Führerhaus sein sollte, ist nach der Kollision mit einer Brücke bei der Viking "Freya" nur ein tiefes Loch.

© ToMa Fotografie Dort, wo eigentlich das Führerhaus sein sollte, ist nach der Kollision mit einer Brücke bei der Viking "Freya" nur ein tiefes Loch.

Das Lästigste am Morgen nach dem Schiffsunglück bei Erlangen-Frauenaurach sind die Gaffer. Während sich die Helfer vom THW immer noch verzweifelt mühen, das unter einer Straßenbrücke festsitzende Hotelschiff "Viking Freya" zu bergen, kommen immer mehr Schaulustige auf einen kleinen Sonntagsspaziergang zur Unglücksstelle. Es wird fleißig mit dem Smartphone fotografiert, gefilmt und ein Blick erhascht auf die komplett zerstrümmerte Kommandobrücke des luxuriösen Hotelschiffs.

Dort, wo eigentlich das Führerhaus ist, klafft ein großes, schwarzes Loch. Das Deck ist mit Holztrümmern übersäht, ein paar Metallteile sind auch dabei. Hier, in all dem Chaos, fanden zwei Crew-Mitglieder der "Viking Freya", einem Flusskreuzfahrtschiff, den Tod. Währenddessen schliefen unter Deck viele Passagiere bereits.

Die Gaffer sind "eine Katastrophe", sagt das THW

Es waren schreckliche Bilder, die sich den Einsatzkräften in der Nacht auf Sonntag boten. Die "Viking Freya" rammte erst eine Straßenbrücke, die über den Main-Donau-Kanal führt. Dabei wurde wohl das Führerhaus abgerissen. Dann, ein paar Meter weiter, zerschellt es an einer Stahlbrücke. Das zumindest sind die ersten Erkenntnisse, die Ermittlungen laufen, die Bergungsarbeiten auch Stunden später noch ebenso.

"Manche Gaffer sind heute Morgen sogar auf den Rettungssteg gelaufen, über den wir die Passagiere und die Besatzungskräfte in der Nacht vom Schiff gebracht hatten", sagte der stellvertretende THW-Zugführer Stefan Wagner.  "Andere waren auf der Gleisanlage der benachbarten Eisenbahnbrücke unterwegs." Die Rettungskräfte sind inzwischen bei fast jedem Einsatz mit der ungenierten Neugier von Passanten konfrontiert. "Es ist eine Katastrophe", sagt Wagner.

Wie lange die Bergung des unter Schweizer Flagge fahrenden Flusskreuzfahrtschiffs noch dauert, ist am Sonntagmittag nicht abzuschätzen. Das Hauptproblem: Das im Main-Donau-Kanal schwimmende Schiff weicht bei Versuchen, mit einem Kran die verkeilten Metalltrümmer der Kommandobrücke zu beseitigen aus. Dabei wird es gegen die beiden im Abstand von circa 20 Meter parallel laufenden Brücken gedrückt.

181 Passagiere bleiben unverletzt

"Es zerreißt uns das Herz. Mitarbeiter sind in Nürnberg, um in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden die Details des Unfalls herauszufinden", sagte ein Sprecher der Reederei Viking River Cruises der Deutschen Presse-Agentur. Die 181 unverletzten, hauptsächlich aus Nordamerika stammenden Gäste könnten nun wählen, ob sie nach Hause zurückkehren oder die Tour mit einer "angepassten Reiseroute" fortsetzen wollten.

Eigentlich haben moderne Hotelschiffe wie die "Viking Freya" Mechanismen, die genau solche Unglücke verhindern. Normalerweise würde sich das komplette Level des Decks unter einer niedrigen Brücke absenken, das Steuerhaus tiefer liegen. Auch Tische, Stühle, die Reling werden zusammengeklappt.

Main-Donau-Kanal vorerst gesperrt

Den 33-jährigen Matrosen und den 49-jährigen Schiffsführer aber erwischte die Brücke frontal. Warum, das sei derzeit noch völlig unklar, sagen Experten. Menschliches Versagen? Ein technisches Problem? Beides? All das müsse jetzt aufgearbeitet werden.

Zur Bergung der Toten musste die Erlanger Feuerwehr mit schwerem Gerät anrücken. Über Leitern kamen die Einsatzkräfte von der Brücke auf das Schiff, schafften die eingeklemmten Matrosen vom Schiff. Etwa 220 Einsatzkräfte waren dann später für die Evakuierung des Schiffes nötig - ein Großaufgebot.

Auch wegen der Bergungsarbeiten wird der Schiffsverkehrs auf dem Main-Donau-Kanal bei Erlangen jetzt für unbestimmte Zeit eingestellt. Mitarbeiter der Reederei aus Basel sind angereist, um die Behörden beim Ermitteln der Unglücksursache zu unterstützen.