Verfügungswohnungen in der Dorfstraße 17 in Erlangen

8.12.2018, 06:00 Uhr
Verfügungswohnungen in der Dorfstraße 17 in Erlangen

© Sharon Chaffin

ERLANGEN — Was genau passiert mit der Dorfstraße 17? Das wollten dann doch etliche Büchenbacher wissen, die diese Woche zur — allerdings nicht allzu gut besuchten — Sitzung des Stadtteilbeirates in die Aula der Mönauschule gekommen waren.

Vor drei Jahren war die Adresse in die Schlagzeilen geraten. Denn bis dahin hatten in dem Gebäudekomplex in Büchenbach Studenten gewohnt, die dann ausziehen mussten. Der Eigentümer vermietete die Gebäude weitaus gewinnbringender an die Stadt (wobei die Kosten über den Freistaat erstattet wurden). Die Stadt brachte Flüchtlinge in den Räumen unter. Bis zu 60 Menschen lebten hier, darunter auch Familien, die letzten zogen dieses Jahr im August aus. Die Stadt hat sie in Unterkünften in anderen Stadtteilen untergebracht.

Der Mietvertrag sei ausgelaufen, erklärte Sozialamtsleiterin Maria Werner in der Sitzung des Stadtteilbeirats. Die Stadt habe neu verhandelt und das Gebäude weiter angemietet, zunächst befristet auf fünf Jahre. Verfügungswohnungen für bis zu 30 Personen wurden nun geschaffen, einige sind bereits seit dem 1. November belegt. Damit kommt die Stadt ihrer gesetzlichen Unterbringungspflicht nach und bietet Bürgern, die keine Wohnung haben, ein Dach über dem Kopf an — Obdachlosenwohnungen stünden beispielsweise Betroffenen von Elementarschäden zur Verfügung, JVA-Entlassenen oder auch Zwangsgeräumten, erläuterte Werner.

Außerdem stehen drei Zimmer für kurzfristige Einweisungen sowie zwei Zimmer mit jeweils einem Stockbett für akute Obdachlosennotfälle zur Verfügung. Dafür gebe es ein Notfalltelefon, das auch besetzt sei. "Es wurde auch schon angerufen, aber es haben sich immer andere Lösungen gefunden, das heißt die Zimmer wurden noch nicht genutzt", sagte Werner.

"Große Wohnungsnot"

Auf die Frage, warum die Menschen in der Dorfstraße denn "in einem Ghetto gehalten" würden, antwortete Angelika Sommer, Leiterin der Abteilung Wohnungswesen des Sozialamts, dass dies nicht der Fall sei. Über das Stadtgebiet verteilt habe die Stadt 34 angemietete Objekte, in denen in Verfügungswohnungen 380 Menschen untergebracht seien. Der Gebäudekomplex in der Dorfstraße sei mit unterschiedlich großen Wohnungen für lediglich 30 Personen ausgelegt.

Jeder, der in einer Verfügungswohnung lebt, habe bei der Stadt einen Antrag auf eine Sozialwohnung laufen — man wolle einen "Durchlauf", wobei dies derzeit schwierig sei, weil es schlichtweg nicht genug Sozialwohnungen gebe, die vermittelt werden könnten. "Wir haben in Erlangen eine so große Wohnungsnot, dass die Menschen zeitnah keine Wohnung finden", sagte Sommer.

Der Hinweis von Zuhörern, dass der "Belegungsmix" in der Dorfstraße nicht unproblematisch sei, wenn beispielsweise Menschen mit sozialen Problemen oder auch Suchtproblemen Tür an Tür mit Alleinerziehenden mit Kindern leben, wies Angelika Sommer zurück. "Ich sehe da kein Konfliktpotenzial, denn jeder hat seinen privaten Bereich", sagte die Sozialpädagogin. Und wenn es tatsächlich Probleme gäbe, könnte die Stadt auch Umverteilungen vornehmen. "Wir haben aber die besten Erfahrungen da, wo wir die Klienten mischen."

Die Stadt werde in der Dorfstraße 17 ein Büro einrichten und einen Hausverwalter einstellen, außerdem sollen dort Sprechstunden des sozialpädagogischen Dienstes stattfinden. Diese können beispielsweise bei Behördengängen unterstützen.

Die "klassischen Durchreisenden", also Nichtsesshaften, gebe es heutzutage hingegen kaum noch, sagte die Sozialamtsleiterin. Im Übernachtungsheim Wöhrmühle — wo es im Winter auch eine Wärmestube gab — seien fast keine mehr angekommen. Die Durchreisenden ziehe es in die Metropolen, fügte Sommer hinzu. So sei die Notschlafstelle in der Großweidenmühle in Nürnberg eine Institution, wo um die 40 Menschen nächtigen. Deshalb werde man das stadteigene Gebäude an der Wöhrmühle künftig anderweitig nutzen und vier Schlafsäle zu Wohnungen umbauen, die ab Ende 2019 für den Familiennachzug von anerkannten Flüchtlingen genutzt werden können.

Ohnehin, sagte Sommer, finde der Familiennachzug momentan noch nicht statt. Wenn es aber soweit sei, habe man die Möglichkeit, zusätzlich zu den vier Wohnungen an der Wöhrmühle auch in der Dorfstraße "umzubauen" und dort Familien unterzubringen.

Während der Veranstaltung wurde von Bürgern das gesamte Konzept des Sozialamts immer wieder infrage gestellt. Es gelang den beiden Sozialamtsmitarbeiterinnen nicht, die Skepsis gänzlich aus dem Weg zu räumen. Die Dorfstraße sei von der Lage her sehr geeignet für den Familiennachzug, bei der Wöhrmühle hingegen gebe es für Familien weit und breit keine soziale Anbindung, argumentierte eine Bürgerin.

Warum also könne man in Büchenbach nicht Familien und Alleinstehende mit Kindern unterbringen, Durchreisende und andere Obdachlose dagegen in der Wöhrmühle? "Notsachen gehören für mich in die Nähe des Bahnhofs", sagte eine Frau. EVA KETTLER

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