Verschnaufpause vorbei: Erlanger Kohlebunker glüht

9.11.2011, 11:25 Uhr
Verschnaufpause vorbei: Erlanger Kohlebunker glüht

© Bernd Böhner

„Ohne schweren Atemschutz geht nichts“, sagt Feuerwehr-Chef Friedhelm Weidinger und schaut in den 20 Meter tiefen Bunker, während sich schwarze Partikel auf Gesicht und Hände legen. Eine Woche lang konnten seine Einsatzkräfte durchatmen. Seit gestern kämpfen sie sich wieder durch den Kohleberg der Stadtwerke.

Kubikmeter für Kubikmeter trägt ein Baggerschaufel den Brennstoff ab. Feuerwehrleute spritzen ein Wasserschaummittel-Gemisch auf die schwarzen Brocken, bevor diese an anderer Stelle wieder abgeladen werden. Zehn Hitzenester, in denen mittels Wärmebildkamera bis zu 700 Grad Celsius gemessen wurden, entschärften Kräfte von Feuerwehr und THW bereits. Bis zu 7000 Tonnen Kohle wurden bewegt und damit fast die Hälfte der Menge, die der Bunker maximal fasst.

Vor drei Wochen waren die Probleme ruchbar geworden (wir berichteten). „Das erste Mal überhaupt“, seit es den knapp 30 Jahre alten Kohlebunker gibt, wie Heribert Spitzhorn, Produktions-Bereichsleiter der Stadtwerke, auf EN-Anfrage versichert. Offenbar waren mehrere ungünstige Faktoren zusammengekommen.

Durch den zu warmen Frühling benötigte der Energieversorger weniger Kohle als üblich, um sein etwa 50 Jahre altes, aber ständig modernisiertes Kraftwerk zu befeuern. Die nach dem Bedarf der Vorjahre georderte Kohle lagerte länger als gewöhnlich im Bunker. Die intensive Sonneneinstrahlung der vergangenen Wochen tat ein Übriges. In den unteren Kohle-Schichten liefen Prozesse ab, die Fachleute als Auto-Oxidation bezeichnen Eine Folge dieser Reaktion der Kohle mit Sauerstoff: Naphthalin wird freigesetzt.

Übler Teergeruch

Ab einer gewissen Konzentration dieses Feststoffs nehmen Anwohner die Abläufe im Kohlebunker als üblen Teergeruch wahr. „Die einen riechen’s früher, die anderen später“, erläutert Gesundheitsamtsleiter Peter Lederer. Aber: „Eine Gesundheitsgefahr ist derzeit nicht erkennbar.“ Dennoch richtet das Landesamt für Umweltschutz eine Messstation auf dem Stadtwerke-Gelände ein. Mit deren Hilfe sollen die Entwicklungen im Lager überwacht werden.

Bis Ende Dezember könnte sich das Problem mit den Hitzenestern noch hinziehen. Solange wird es wohl dauern, bis auch das letzte alte Kohlestück verfeuert ist. Bis dahin wandern Tag für Tag bis zu 200 Tonnen der schwarzen Brocken in den größten Kraftwerk-Kessel. Dieser gewährleistet, dass die Kunden mit Fernwärme versorgt werden.

Angesichts der milden Witterung sind die übrigen Kessel nicht in Betrieb, darunter auch der für die Gas- und Dampfanlage. Diese wird mit Erdgas befeuert und ist für die Stromproduktion wichtig. Deshalb muss die städtische Tochter derzeit Strom zukaufen. Normalerweise besteht deren Energiemix zu 40 Prozent aus der günstigeren Steinkohle und zu 60 Prozent aus Erdgas. Verschieben wird sich dieses Verhältnis frühestens in zwei Jahren, wenn die neue Gasturbine eingebaut ist.

„Um das Problem zügig in den Griff zu bekommen“, so Stadtwerke-Sprecher Helmut Kandra, „setzen wir alles daran, die alte Kohle möglichst schnell wegzubekommen — unabhängig von den wirtschaftlichen Folgen.“

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