Von Pferden lernen

19.8.2011, 20:00 Uhr
Von Pferden lernen

© Bernd Böhner

Die kleine Gruppe hat sich um Adelmann geschart. Der Wallach steht ruhig in einer Ecke der Reithalle und lässt sich von den Teilnehmern des Seminars über Blesse und Mähne streicheln. Vornehmlich die Frauen folgen der Aufforderung von Ursula Kraus sofort, die zusammen mit Franziska Riehl das pferdegestützte Coaching leitet. Wie zuvor besprochen, gehen die Frauen auf Adelmann zu und reden mit leiser Stimme auf ihn ein, während die Männer sich lieber noch mit Zuschauen begnügen.

Diese Übung ist Teil des Seminars „Führungskräftetraining mit Pferden“, das in einer Kooperation des „Instituts für Reittherapie und pferdebasiertes Coachig“ mit „HippoCampus Coaching“ durchgeführt wird.

Tiere spiegeln das Verhalten

Die Idee, die dahinter steckt, hat Ursula Kraus zuvor an einem Reißbrett erklärt: In einer Pferdeherde gebe es — ebenso wie im richtigen Leben — eine Rangordnung, angeführt von einem Leithengst, legt sie dar. Des Weiteren seien Pferde Fluchttiere, würden folglich sehr sensibel auf das Verhalten ihres Gegenübers reagieren. So helfe dieses Seminar durch den Umgang mit Pferden zu verstehen, wie das eigene Tun bei der Umwelt ankommt.

Auch das Verhalten und die Beziehungen innerhalb einer Herde beobachten Vertreter der Grundig Akademie aus Nürnberg, die heute das Programm testen, um es in einige ihrer Ausbildungen zu integrieren. Den ganzen Vormittag leiten die beiden Coachs verschiedene Übungen mit den Pferden an, die auf Video mitgeschnitten und nachmittags gemeinsam besprochen werden.

Die Seminarteilnehmer bekommen somit ein dreifaches Feedback: von den Pferden im direkten Kontakt sowie von der Gruppe und den Coachs bei der Besprechung am Nachmittag. Die kleine Gruppengröße garantiert sehr persönliche Rückmeldung.

Nicht zuletzt lernt man, sich selbst genau zu beobachten, das eigene Handeln zu reflektieren und dadurch Schwachstellen, aber auch Stärken im Umgang mit anderen und besonders mit Mitarbeitern zu entlarven.

Die Pferde dienen dabei als „Medium“, erklärt Franziska Riehl.

Das Seminar wird bereits seit drei Jahren als Tages- oder Intensivkurs angeboten. Für die selbstständige Trainerin steht fest, dass dieses Konzept, das es so im Nürnberger Raum nur einmal gibt, Zukunft hat. „Es ist ein emotionales Lernen“, sagt sie, das sich viel tiefer im Gehirn verankere als die üblichen Vorträge. Hier tut man etwas, anstatt die Zeit absitzen zu müssen.

Auch die Pferde sind speziell ausgebildet. „Sie sind gleichzeitig Therapiepferde“, meint Riehl. Bei der Auswahl der Tiere komme es vor allem auf ihren Charakter an. Die Pferde müssen Vertrauen zum Menschen haben und artgerecht gehalten sein. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie viel auf der Weide grasen dürfen.

Das gewährleistet, dass die Pferde das typische Herdenverhalten zeigen, welches jetzt genau unter die Lupe genommen wird: Adelmann bekommt Gesellschaft von zwei seiner Artgenossen. Schnell drängen sie sich eng aneinander, und Panther versucht sich immer wieder zwischen die beiden anderen zu drängen. Ein kurzes Wiehern, gebleckte Zähne — und schon steht er außerhalb der Gruppe.

Hier Parallelen zu zwischenmenschlichen Beziehungen im Alltag oder am Arbeitsplatz herzustellen, dürfte den Teilnehmern nicht besonders schwer fallen.

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