Wichtige Grüße aus Ermreuth vor 100 Jahren

15.5.2013, 00:00 Uhr
Wichtige Grüße aus Ermreuth vor 100 Jahren

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Empfänger und Absender sind längst gestorben, doch die Karte mit den drei Sehenswürdigkeiten und einer Gesamtansicht von Ermreuth hat sie überlebt.

Dieses bedruckte Stück Papier ist wichtig, weil es zum Ausdruck bringt, dass um 1900 die in Ermreuth lebenden Juden als Mitbürger akzeptiert waren. Von den 609 Einwohnern waren 66 jüdischen Glaubens.

War sehenswürdig

Die Synagoge wurde als Sehenswürdigkeit des Ortes betrachtet — und nicht nur die Juden waren stolz auf dieses eindrucksvolle Bauwerk, das auf der Karte quasi gleichberechtigt neben der evangelischen Pfarrkirche St. Peter und Paul und dem stattlichen Schloss zu sehen ist.

Zum radikalen Traditionsbruch kam es nach 1933, nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren. Im November 1938 wurde die Synagoge geschändet, das gesamte Mobiliar sowie anderes Inventar wurde nachts außerhalb der Ortschaft verbrannt. Das Feuer war weithin sichtbar, so dass Ermreuther Bürger, die sich dem Ort näherten, glaubten, im Dorf sei ein Brand ausgebrochen.

1939 wurden alle noch in Ermreuth lebenden jüdischen Einwohner gezwungen, nach Nürnberg umzuziehen. Es waren insgesamt 15 Personen, von denen zwölf später verschleppt und ermordet wurden.

Während des Zweiten Weltkrieges blieb die Synagoge Eigentum der nicht mehr existierenden Kultusgemeinde. Nach dem Krieg wurde das Gebäude zunächst an den Freistaat Bayern, dann an die Raiffeisenkasse Ermreuth verkauft und für landwirtschaftliche Zwecke der Genossenschaft genutzt.

Erst als die Gemeinde nach Neunkirchen am Brand eingemeindet worden war, besann man sich eines Besseren. Es entstand der Plan, den 1822 eingeweihten Sakralbau umfassend zu restaurieren. Am 19. Juni 1994 wurde die Synagoge eingeweiht.

Ein Friedensindiz

Die Karte zeigt im oberen Einzelbild den unmittelbar an der Synagoge vorbeifließenden Saarbach, rechts davon das Schwarzhaupt-Haus sowie den Steg über den Bach. Das Haus vor der Synagoge, das links ins Bild ragt, ist mittlerweile abgerissen. Dem Lithographen ist nur ein kleiner Fehler unterlaufen: Beide Eingangstüren des Sakralbaus schweben gleichsam über dem Boden.

Wolfgang Schmidt, Mitglied im Freundeskreis Synagoge Ermreuth, hat die Ansichtskarte entdeckt und im Auftrag des Vereins erworben. Das Zeitdokument wird dem Museum Synagoge Ermreuth zur Verfügung gestellt.

Es ist Ausdruck für ein friedliches Miteinander von Christen und Juden und erinnert an die einst bedeutende jüdische Gemeinde von Ermreuth.

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