Wirtschaftskrise als Bühnenthema in Erlangen

21.2.2018, 11:00 Uhr
Wirtschaftskrise als Bühnenthema in Erlangen

© Jochen Quast

Die Zeiten sind ungewiss, schlecht: Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit halten das Land im Griff, Perspektivlosigkeit führt zur Gier nach intensiver Ablenkung und kunterbunter Unterhaltung. Das Phänomen Oktoberfest präsentiert Ödön von Horváth (1901-1938) in seinem viel gespielten Stück als Schauplatz der aufeinanderprallenden Extreme. Ein (Volks-)Tanz auf dem Vulkan – und ein Stück, "das nicht exakt historisch ist und deshalb und mit seinem Inhalt sehr gut in unsere Zeit passt, Ähnlichkeiten inklusive", ist Regisseurin Mirja Biel überzeugt. Mirja Biel inszenierte mit ihrem Kollegen Joerg Zboralski in Erlangen bereits Karl Philipp Moritz’ "Anton Reiser" und F. Scott Fitzgeralds "Der große Gatsby".

Verunsicherung, Angst vor dem sozialen Abstieg – Menschen und Momenten von den Rändern der Republik begegnet man im Stück. "Das Oktoberfest erscheint dabei als Ort der Entgleisung und des alkoholischen Exzesses und ist eine Superfolie für dieses Panorama der und des Abartigen." Dabei spiegelt der Autor die Zeitumstände in den Personen: "Die Problematiken in der Welt und deren Zerrüttung verlagert Horváth in die zwischenmenschlichen Beziehungen", sagt Biel. Wobei sie eine eigene "Erlanger" Fassung inszeniert, die einige Vorstufen des Werks integriert, die schärfer und deutlicher akzentuiert waren, die aber Horváth selbst vor der Uraufführung 1932 abgemildert hatte.

Die Besetzung, die sich aus Ensemble-Mitgliedern und Gastschauspielern rekrutiert, darf Horváths Kunstsprache mit ihrem leichten Dialekt etwas entschlacken, runder, "körperlicher", damit die Figuren identifizierbarer machen. Das Oktoberfest lässt die Regisseurin im Zuschauerraum stattfinden, "wir haben eben mit dem vorgefundenem Raum gearbeitet." Sitze wurden dafür gesperrt, ein Spielvorhang erscheint als gemalter Prospekt, "es wird keine Trennung zwischen Bühne und Zuschauerraum geben." Viele Lichtstudien an diversen externen Orten hat man darüber hinaus betrieben, um das Blinken von Jahrmarkts-Fahrgeschäften optimal ins Bild zu setzen, "wir erzählen auf der Bühne viel über Lichträume", so die Regisseurin. Kostüme und Accessoires sollen das Ihrige dazutun, um "diesen Ort der Fülle und der Tristesse ins richtige Bild zu rücken".

Und erst die Töne und Klänge: Musikerin Sophia Kennedy steuert "abgründigen Elektro-Pop" bei, ansonsten wird als Bestandteil der Bühnenwelt immer Lärm herrschen, die "akustische Verschmutzung, die an solchen Orten der bierseligen Zerstreuung herrscht, wird allgegenwärtig sein."

 

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