Zehntausende kamen zum Brucker Gaudiwurm

27.2.2017, 06:00 Uhr
Zehntausende kamen zum Brucker Gaudiwurm

© Klaus-Dieter Schreiter

Der Gaudiwurm der Brucker Gaßhenker hat auch in diesem Jahr wieder an die 60 000 Menschen angelockt. Auf die Reise schickte ihn Oberbürgermeister Florian Janik, der als Sultan – oder war es ein Flaschengeist? – mit Turban und Seidengewand verkleidet war.

Der Startschuss ging allerdings etwas daneben, weil die Gaßhenker die Klatsche vergessen hatten. Der OB animierte darum das Volk, doch selbst den Start zu klatschen, und das funktionierte eigentlich ganz prächtig. Gaßhenker-Ehrenpräsident Helmut Frenzel und sein Vorsitzender Markus Armbruster sowie die SPD-Bundestagsabgeordnete Martina Stamm-Fibich halfen kräftig mit.

18 eigene Gruppen hatten die Brucker Narren in diesem Jahr in ihrem Faschingszug dabei, das Gründungsmitglied der Gaßhenker, Sophie Brendel, war ebenfalls gekommen, die Musikvereine aus Eltersdorf und Büchenbach sorgten für den guten Ton, und auch fünf befreundete Faschingsgesellschaften hatten ihre Narren auf die Reise geschickt.

Hinzu kamen bunte Themenwagen von Vereinen und Privatpersonen. Zugleiter Philipp Möhring begrüßte weit über 80 Gruppen, die sich alle ins Zeug legten, um den Menschenmassen am Straßenrand etwas zu bieten. Teilweise drängten sich die Gäste in Zwölferreihen an beiden Straßenrändern.

Der italienisch-deutsche Verein hatte seine Mitglieder mit Venezianischen Masken durch Bruck geschickt, die Erlanger Tagesmütter chauffierten ihren Nachwuchs durch die Menschenmenge, und ein Narr hatte sich sogar als Donald Trump verkleidet und verteilte Dollarnoten. Zudem warb das THW mit dem Slogan "gemeinsam für Erlangen", und die Stadtwerke wiesen auf die baldige Fertigstellung des Westbades hin mit dem Spruch "Zwei Jahr‘ drängt alles sich im Rödel – doch halt dich fest, jetzt geht’s ins West".

Sogar die SPD war dabei. Auf einem Wagen warben die Genossen für die Landesgartenschau und reimten "Erlangen Helau, mit Mut zur Landesgartenschau". Der Wasserwacht ging es hingegen gegen den Strich, dass es das ganze Jahr über Lebkuchen gibt. Nikoläuse und Tannenbäume fuhren aus Protest auf ihrem Wagen mit.

Allein die Gaßhenker warfen 14 000 Chipstüten, 15 000 Tüten mit Gummibärchen, 1000 Krapfen und mehr als 10000 weitere Süßigkeiten auf die am Straßenrand winkenden Menschen herab, die anderen Teilnehmer dürften noch einmal ebenso viele Artikel über dem Volk ausgeschüttet haben. Eine Stunde lang zog der Zug vorbei, und als er wieder am Brucker Marktplatz ankam, ging es zur After-Zug-Party in die Eichendorffschule. Dort wurden wieder die schönsten Gruppen prämiert.

Ein Fasching also ganz wie immer? Haben die Besucher in Zeiten von Terroranschlägen und verheerenden Amokfahrten, wie am Wochenende in Heidelberg mit einem Todesopfer und zwei Verletzten, keine Angst vor Menschenmassen? "Nein, auf keinen Fall", sagen Bettina und Markus Vornerer bestimmt. Von der jüngsten Todesfahrt, bei der ein 35-Jähriger mit einem Pkw in der Neckarstadt in eine Gruppe von Passanten steuerte, hat Bettina Vornerer schon gehört, aber deshalb zu Hause bleiben, käme ihr gar nicht in den Sinn. "Hier sind die Leute immer besonders nett", sagt sie.

Seit drei Jahren kommt das Ehepaar aus Herzogenaurach zum Faschingszug nach Bruck. Auch ihre kleine Tochter ist dabei, verkleidet als Fledermaus. "Passieren", meint Markus Vornerer, "kann überall etwas".

Das findet auch Verena Drechsler. Daher lässt sie sich vom Besuch in Bruck auch heuer nicht abhalten. "Wir dürfen uns von solchen Ereignissen nicht beeinflussen oder einschüchtern lassen", sagt sie. Wenn man aus Furcht vor Terroranschlägen daheim bliebe, würden die Täter erreichen, was sie wollen: "Sie nehmen uns dann ein Stück unserer Kultur — und da gehört der Fasching einfach dazu."

Eine Massenveranstaltung abzusagen, lehnt Verena Drechsler deshalb ab. Klar könne man nie etwas völlig ausschließen, aber doch mit ausreichend Polizeipräsenz die Sicherheitsvorkehrungen verstärken.

Auch Martin Zimmermann will sich "nicht von Spinnern" unterkriegen lassen. Gemeinsam mit Jutta Niebler und deren beiden Töchtern Nicole und Mia wartet er am Marktplatz auf den Start des Zuges. Extra aus Zirndorf sind die vier gekommen, um das Treiben in Erlangen bei strahlendem Sonnenschein zu sehen. Aus Angst dürfe man niemals etwas ausfallen lassen, findet Martin Zimmermann. "Man muss das Leben nehmen, so wie es kommt", sagt er, "und darf sich die Freude daran nicht nehmen lassen".

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