Zwei Mundart-Experten rocken Franken

12.4.2014, 00:00 Uhr
Zwei Mundart-Experten rocken Franken

© privat

„Wahnsinn! Raddnscharfe Schneggn in der Radiologie! Ich mag so crazy Sachen!“ Winfried Wittkopp, den alle nur Winni nennen, sitzt mit dem Autor Helmut Haberkamm in einem Erlanger Café und strahlt über das ganze Gesicht. Gerade hat er einen neuen Text vom Experten für fränkische Mundart erhalten. Verse, die ein paar Tage zuvor ganz spontan nach einem Abstecher nach Tennenlohe erfolgt sind und davon handeln, wie ein Mann mit einer Frau zwischen Röntgengeräten anbandelt.

Wittkopp und Haberkamm liegen auf einer Wellenlänge und arbeiten seit vielen Jahren künstlerisch zusammen. So spielte Wittkopp Hauptrollen in Haberkamm-Erfolgsstücken wie „Schellhammer“, „No Woman, No Cry – Ka Weiber, ka Gschrei“ oder „Die Schuddgogerer“. Die Stücke des Spardorfer Autors wirken manchmal regelrecht so, als ob sie Wittkopp, der sich in knapp 38 Jahren am Theater Erlangen längst den Titel eines „Volksschauspielers“ erarbeitet hat, auf den Leib geschrieben wären.

So entspannt wie beim Cappuccino am Vormittag funktioniert die aktuelle Kooperation meist: „Helmut liefert die Texte und ich mach ein Liedla dazu“, erklärt Wittkopp die Zusammenarbeit. Die Resultate gibt es dann im Programm der „Skinny Winni Band“ zu hören, mit der beide demnächst einige Auftritte in der Region haben werden.

In der „Skinny Winni Band“ treffen Wittkopp und Haberkamm auf den Bassisten Andy Dorn, den Pianisten Arne Unbehauen und den Schlagzeuger Sinisa Mandic. Nicht zuletzt durch Dorns und Unbehauens Mitwirken bei „Mr. Fingers and the Shifters“ zählen diese zu den bekanntesten Rock’n’Roll-Musikern der Region. Wittkopp: „Die Rock’n’Roller hatten mich zu einer Session in ihren Proberaum eingeladen. Ich habe mich sehr gefreut, bin hin und es hat sofort gezündet. Ich hatte gar nicht gedacht, dass die Lust haben, so fränkische Sachen mitzumachen.“

Wie sieht denn nun ein fränkischer Rock’n’Roll-Abend aus? „Wir treten im Reißverschlussverfahren auf“, erklärt Haberkamm. Da erklingen dann Songs mit Titeln wie „A Bier mit am Trieb“, „A boor Jährla aufm Buckl“ oder „Mei Schwaas und mei Schiess“ abwechselnd mit von Haberkamm rezitierten Texten.

Verse, in denen vor allem der Reiz des Fränkischen in den Mittelpunkt rückt. „Ich sammle Wörter, fränkische Wörter“, beschreibt Haberkamm selbst seine literarische Arbeitsweise. „Ich gehe raus aufs Land und unterhalte mich mit den Menschen. Ich beobachte und höre zu.“ Dabei sammelt er systematisch Dialekt-Begriffe, die vom Aussterben bedroht sind. Der promovierte Anglist und Gymnasial-Lehrer (derzeit lässt er seine Anstellung im Schulbetrieb ruhen) hat beispielsweise mit einer Bäckerei in Dachsbach die wunderbare Aktion „Wort-Schatz-Kästla“ initiiert. Auf den Brötchentüten werden Mundartausdrücke, die „allmählich fast schon in Vergessenheit zu geraten drohen, aber viel zu schön sind, um sang- und klanglos verschütt’ zu gehen“, verewigt.

Übrigens: Gerade ist Winfried „Winni“ Wittkopp als „Künstler des Monats April 2014 der Metropolregion Nürnberg“ ausgezeichnet worden. Schließlich ist der Schauspieler, Künstler und Musiker stets in seiner Heimat verwurzelt geblieben, hat dabei aber niemals vergessen, über den Tellerrand hinauszublicken. Dass der 62-Jährige, dessen Engagement am Erlanger Ensemble sich langsam dem Ende neigt, nun wieder verstärkt Musik macht, ist eine Rückkehr zu den Wurzeln. „Als Musiker habe ich begonnen. Jetzt werde ich hier wieder mehr aktiv sein. So schließt sich der Kreis.“ Einst war er Teil des launigen Songwriter-Duos „Hobelspäne“ (mit Klaus Karl-Kraus), nun rockt er mit der „Skinny Winni Band“ die Bühne.

www.skinny-winni-band.de

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