Zwischen scharfer Kritik und großer Freude

21.9.2011, 00:00 Uhr
Zwischen scharfer Kritik und großer Freude

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Professor Theodor Ebert ist ein Mann der klaren Worte. „Unmöglich“ findet es der Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit in Erlangen auf Anfrage der EN, dass — Stichwort: Trennung von Staat und Kirche — das Oberhaupt der katholischen Kirche eingeladen ist, vor dem Parlament eines Staates zu sprechen, der „säkular sein soll“. Und: „Noch schlimmer als die Rede im Bundestag ist, dass er die Verfassungsrichter ins Priesterseminar Freiburg einlädt.“

Durch derartige Auftritte erhalte der Papst einen Status, der ihm nicht zustehe. „Der Heilige Stuhl vertritt nicht die Werte unseres Rechtsstaates“, so Ebert, dem besonders der Umstand ein Dorn im Auge ist, dass der Vatikan keine der Menschenrechtskonventionen anerkannt hat.

Keinerlei Verständnis für den geplanten Boykott des Papst-Auftritts im Bundestag durch mehrere Abgeordnete hat Johanna Haberer, Inhaberin des Lehrstuhls für Christliche Publizistik an der Universität Erlangen-Nürnberg. „Solch ein Verhalten ist unhöflich, unverständlich, schlicht inakzeptabel“, sagt die Professorin. „Wenn der Dalai Lama dort sprechen darf, darf dies natürlich auch der Papst.“

„Papst ist dialogunfähig“

Zugleich steht sie zu ihrer Kritik an theologischen Auffassungen des Papstes. So habe sie in puncto Ökumene keinerlei Bewegung erkennen können. „Als evangelische Christin erwarte ich mir nichts mehr von diesem Papst.“ Auch bei liberalen Katholiken glaubt sie wegen der „Dialogunfähigkeit des Papstes in zentralen Fragen“ — Stichworte Zölibat, Frauen im Amt oder Ehelosigkeit der Priester — Frustration ausgemacht zu haben, „die erheblich zugenommen hat“.

Konkrete Erwartungen an den Besuch des Papstes, insbesondere an dessen Rede im Bundestag, hat hingegen CSU-Bundestagsabgeordneter Stefan Müller: „Jenseits der Euro-Diskussion erhoffe ich mir von ihm Aussagen dazu, wohin es mit Europa gehen soll.“ Mit Blick auf das Programm des Gastes, vor allem dessen Treffen mit Vertretern der evangelischen Kirche oder anderer Religionen, sieht der CSU-Mann „richtige Akzente“.

All dies sei „ein Symbol für mehr Miteinander, zwischen den Konfessionen und Religionen“. Entsprechend kritisch sieht Müller auch das angekündigte Fernbleiben mehrerer Parlamentarier. „Es gebieten Anstand und Respekt, einem Gast, den nicht nur der Bundestagspräsident, sondern auch alle Fraktionen eingeladen haben, zuzuhören.“ Und mehr noch: „Wir sollten uns freuen, dass der Papst vor dem höchsten Verfassungsorgan seines Heimatlandes sprechen will.“

„Ich verstehe den Boykott der Papstrede nicht“, stellt der katholische Dekan Josef Dobeneck klar. Es sei eine Frage von Höflichkeit und Toleranz, einem geladenen „interessanten Gesprächspartner“ zuzuhören. Vom Papstbesuch verspricht sich Dobeneck, dass Kirche und Glaube neu und positiv ins Gespräch kommen, aber auch Impulse für einen Blick auf das eigene Leben und die eigenen Werte.



Und für die Ökumene? „Ich hoffe“, so Dobeneck, „auf ein Gespräch zwischen Vertretern der evangelischen Kirche und dem Papst auf Augenhöhe. Und für mich selbst auf eine Bestätigung, dass die Ökumene nicht nur ein Hobby von mir ist.“

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