Erlanger sollen "Wohnen für Hilfe" eine Chance geben

23.8.2011, 16:42 Uhr

Bis zum Anfang dieser Woche haben sich bereits über 2000 Neu-Studenten für das kommende Wintersemester eingeschrieben. Insgesamt rechnet Grüske für dieses erste Semester des doppelten Abiturjahrganges in Bayern mit bis zu 8000 Studienanfängern an seiner Universität. „Das drückt natürlich auf den Wohnungsmarkt.“

In Erlangen ist es für Studenten traditionell schwierig, eine bezahlbare Bleibe zu finden, weil die Stadt viele hochqualifizierte Bürger hat, die gehobene Mietpreise zu zahlen gewillt sind. Das Studentenwerk bietet zwar alleine in Erlangen ab Herbst über 1800 Wohnheimplätze an, die reichen aber freilich nicht. Außerdem werden diese bevorzugt an Studenten vergeben, die nicht aus dem Großraum Nürnberg kommen. Vor allem ausländische Studenten sollen dort zum Zuge kommen, weil sie sich in Ermangelung von Sprachkenntnissen bei der Wohnungssuche oft besonders schwertun.

Der Erlanger Oberbürgermeister Siegfried Balleis (CSU) hat deswegen schon vor drei Monaten – wie berichtet – zusammen mit Grüske das Projekt „Wohnen für Hilfe“ initiiert. Dabei sollen Vermieter ein Zimmer für einen Studenten vergünstigt zur Verfügung stellen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Mieter zu bestimmten, vorher vertraglich fixierten Gegenleistungen. Das kann etwa Hilfe im Haushalt sein, die Erledigung von Besorgungen oder Kinderbetreuung.

Dass bisher noch kein Student erfolgreich an einen Vermieter – der OB hat vor allem an Senioren gedacht – vermittelt werden konnte, liegt einerseits daran, dass viele wohlhabende Erlanger die Einliegerwohnung im Haus lieber leerstehen lassen, als sie an Fremde zu vermieten. Oft klaffen aber auch die Vorstellungen davon, wie ein potenzieller Mitbewohner konfiguriert sein sollte, stark auseinander. „Es ist nicht ganz trivial, die Wünsche der Vermieter mit dem Profil derer, die Wohnraum suchen, zur Deckung zu bringen“, sagt Balleis.

Schön schlank soll der Untermieter sein

„Ein Vermieter wollte auf keinen Fall einen dicken Studenten“, erzählt Gabriela Hesel, die bei der Stadt Erlangen „Wohnen für Hilfe“ betreut. „Eine Familie, die sich Hilfe bei der Kinderbetreuung wünschte, wollte unbedingt einen christlichen Mieter.“ Am meisten erheiterte aber sowohl den OB als auch seine Mitarbeiterin der genaue Wunsch einer Mutter: „Die wollte einen Studenten mit der Fächerkombination Englisch, Mathematik und Spanisch“, erzählt Balleis. „Weil das die Fächer sind, in denen die Tochter am meisten Nachhilfe braucht.“

Doch auch die Studenten haben gewisse Vorstellungen. Viele von ihnen würden am liebsten bei Senioren unterkommen. In Familien mit Kindern würden sie fürchten, wegen des Lärms zu sehr vom Lernen abgelenkt zu werden. Balleis wirbt deswegen dafür, die Ansprüche auf beiden Seiten etwas herunterzuschrauben und dem Projekt eine Chance zu geben. Seine Mitarbeiter würden darauf achten, dass alle Rechte und Pflichten klar geregelt werden. „Die Vermieter müssen nicht befürchten, dass der Student dann jeden Abend eine Party feiert.“

Auch wenn also das Finden zweier Parteien, die zusammenpassen, nicht immer leicht ist, glaubt Gabriela Hesel, schon bald erste Erfolge vermelden zu können. Präsident Grüske rät Wohnungssuchenden, unbedingt auch den Landkreis Erlangen-Höchstadt und die Nachbarstädte Nürnberg und Fürth in Betracht zu ziehen. Tatsächlich bemühen sich die beiden Städte aktiv, Studenten in ihre Kommunen zu locken. Fürth kann mit niedrigen Mieten aufwarten, die Halbmillionenstadt Nürnberg bietet süßes Großstadtleben. Zudem werden ab Semesterbeginn die Busverbindungen zwischen Nürnberg-Thon und Erlangen deutlich aufgestockt: Teilweise fährt „der 30er“ dann neun statt bisher sechs Mal pro Stunde.

Informationen zu „Wohnen für Hilfe“ erteilt die Stadt Erlangen unter Tel. 09131/86–2870


 

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