Es weihnachtet fair in der Cadolzburger Confiserie

16.11.2016, 19:45 Uhr
Es weihnachtet fair in der Cadolzburger Confiserie

© Foto: Christina Merkel

Woher kommt der Kakao im Schokohasen? Unter welchen Bedingungen werden die Früchte angebaut? Peter Riegelein hat solche Dinge in der Vergangenheit wenig hinterfragt, vielleicht sogar verdrängt. Das änderte sich mit einer Reise nach Peru im Mai 2012: Die Begegnung mit Kakaobauern wurde für den Schoko-Hersteller aus Franken zu einem Schlüsselerlebnis.

Im abgeschiedenen Marañontal des Andenstaats war einige Jahre zuvor eine edle, unverfälschte Kakaosorte wiederentdeckt worden, die seit fast einem Jahrhundert als ausgestorben galt. In der üppigen Vegetation des Hochlands half Riegelein den Kleinbauern bei der Ernte, bekam ihre bescheidenen Lebensverhältnisse und den harten Arbeitsalltag hautnah mit.

In einer Kühltasche hatte er einige seiner Produkte mit nach Südamerika genommen. Verblüffende Erkenntnis: Einige Farmer hatten noch nie Schokolade gegessen. In einem der Ursprungsländer des Kakaos, den dort schon die Inkas anbauten, war das aus ihrem Rohstoff entstandene Erzeugnis unbekannt.

Es weihnachtet fair in der Cadolzburger Confiserie

© Foto: privat

Nachdenklich machte Riegelein aber vor allem die unbefriedigende Lage der Kleinbauern. Er erkannte, dass der Kakaoanbau für sie attraktiv bleiben und auch ihren Kindern lohnend erscheinen muss; dass man lokale Strukturen festigen muss, um den Farmern eine Zukunft zu geben; dass es wichtig ist, überalterte Bäume zu kultivieren und nur angemessene Preise den Familien Sicherheit bringen.

Fair muss aber nicht nur der Anbau sein, dämmerte es dem 58-Jährigen. Vom Baum bis zur Ware im Ladenregal sei partnerschaftliches Handeln angesagt. Der Unternehmer begriff: „Wenn die Welt nicht aus den Fugen geraten soll, müssen wir die gesamte Wertschöpfungskette überdenken“.

Riegelein bestärkte die Reise nach Peru darin, in seiner Cadolzburger Confiserie nur noch fair hergestellten und gehandelten Kakao zu verarbeiten. Bereits 2011 hatte der Firmenchef damit begonnen, ein einzelnes Sortiment auf Fairtrade-Richtlinien umzustellen. Nun ist der fünfjährige Prozess komplett abgeschlossen: Indem er ab sofort nur noch fair gehandelten Kakao verwendet, nimmt der für seine Oster- und Weihnachtsfiguren aus Schokolade bekannte Saisonartikel-Hersteller in Deutschland eine Vorreiterrolle ein.

Das Familienunternehmen beschäftigt in der Hochsaison bis zu 900 Mitarbeiter. Am Stammsitz in Cadolzburg und in zwei weiteren Werken in Sachsen und in Tschechien werden jährlich rund 18 000 Tonnen Schokolade verarbeitet. Die Figuren und die anderen Schoko-Leckereien gehen jeweils knapp zur Hälfte an Discounter und an den anderen Lebensmitteleinzelhandel, zum kleinen Teil an Fachgeschäfte. Seit kurzem dürfen sie das klassische Fairtrade-Siegel tragen — immerhin mehr als 750 Artikel.

Wie die meisten deutschen Hersteller bezieht Riegelein seinen Kakao überwiegend von der Elfenbeinküste und aus Ghana in Afrika. Nach Angaben von TransFair Deutschland (Köln) zählt Kakao neben Erdöl und Kaffee zu den wichtigsten Rohstoffen auf dem Weltmarkt. Preisschwankungen und hohe Marktkonzentration prägen das Bild. Trotz wachsender Nachfrage bleibt den meisten Kleinbauernfamilien kein existenzsicherndes Einkommen.

Weil viele von ihnen unorganisiert sind, haben die kleinen Farmer oft das Nachsehen. Ausbeuterische Kinderarbeit ist vor allem in Westafrika weit verbreitet. Trotz Aufklärungsarbeit und Kinderschutzprogrammen „haben wir das Problem leider noch nicht im Griff“, gesteht TransFair-Sprecherin Claudia Brück. Dass Millionen Kinder auf den Plantagen schwer schuften müssen, „darf uns als Schoko-Hersteller nicht kalt lassen“, meint auch Riegelein.

Prämie für Sozialprojekte

Um gegenzusteuern, kümmert sich TransFair um die Anhebung von Sozial- und Umweltstandards, um bessere Anbaustrukturen und Vermarktungswege. Dazu gehören langfristige Handelsbeziehungen und die Zahlung eines Mindestpreises nebst Prämie, mit denen Kooperativen vor Ort Gemeinschaftsprojekte finanzieren.

„Fairer Handel ist eine Aufgabe der Zukunft, für die jedes Unternehmen eine verantwortungsvolle und nachhaltige Lösung finden muss“, sagt Firmenchef Riegelein. Man nimmt es dem Cadolzburger ab, wenn er sagt, dass er die Umstellung aus Überzeugung betrieb und nicht nur deshalb, weil sie gut fürs Image ist.

Noch ist der Anteil fairen Kakaos in Deutschland überschaubar. Einen Schub nach vorne brachten das 2014 gestartete Fairtrade-Kakaoprogramm und eine Nachhaltigkeitsinitiative der Süßwarenindustrie von 2012. Für Riegelein noch nicht genug: „Wenn wir nicht den Massenmarkt erreichen, wird sich bei den Kleinbauern vor Ort nicht viel ändern“.

Dass Nikolaus und Osterhase aus Schokolade nun etwas teurer sind, sei nicht zu vermeiden. „Fair gehandelte Rohstoffe zum Nulltarif zu bekommen, ist eine Illusion“, sagt der 58-Jährige. Doch der Verbraucher honoriere die Nachhaltigkeit. Der Firmenchef: „Es ist der richtige Weg. Davon bin ich überzeugt“.

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