Fall Mollath: Gutachten bringt Justiz in Erklärungsnot

26.11.2012, 15:39 Uhr
Fall Mollath: Gutachten bringt Justiz in Erklärungsnot

© Kasperowitsch

In einem am Montag veröffentlichten Gutachten kommt der renommierte Strafverteidiger Gerhard Strate zu dem Schluss, dass die Staatsanwaltschaft „rechts- und pflichtwidrig“ handelte, weil sie Mollaths Strafanzeige wegen Schwarzgeldgeschäften bei der Hypovereinsbank (HVB) trotz konkreter Hinweise verworfen habe.

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg wies die Vorwürfe prompt zurück. Mollath ist seit fast sieben Jahren in einer Psychiatrie untergebracht, weil er seine damalige Frau verprügelt hatte und angeblich gemeingefährlich ist. Der Fall sorgt derzeit für Wirbel, weil die Schwarzgeld-Vorwürfe laut einer internen Untersuchung der Bank zutreffend sind. Für das Landgericht Nürnberg waren sie aber Teil eines „paranoiden Gedankensystems“.

Der Hamburger Rechtsanwalt Strate sagte, Mollath einen Wahn oder eine krankhafte Obsession wegen der angeprangerten Machenschaften bei dem Geldinstitut zu attestieren, sei „nicht mehr haltbar“. Er sehe deshalb auch Ansatzpunkte, das Verfahren gegen den 56-jährigen Psychiatrieinsassen neu aufzurollen. Im Auftrag der Freien Wähler hatte Strate die Strafanzeige Mollaths untersucht. Darin aufgelistet seien die Namen von 24 Kunden seiner Ex-Frau, damals HVB-Vermögensberaterin, die Gelder in Millionenhöhe in die Schweiz transferiert haben sollen. Zudem nenne Mollath weitere 39 Personen, die tatverdächtig seien.

Alles sei auf Anhieb überzeugend, schlüssig und plausibel dargestellt, sagte Strate und konstatierte: Die damalige Einschätzung der Staatsanwaltschaft Nürnberg, Mollaths Strafanzeige sei ein Sammelsurium ohne Anhaltspunkte für Ermittlungen, sei „evident falsch“.

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg erwiderte, Geldtransfers in die Schweiz seien nicht automatisch strafbar. In der Anzeige bleibe offen, warum es sich um Schwarzgeld gehandelt haben solle. Bei der Bewertung von Mollaths Dokumenten habe auch der teils merkwürdige Inhalt eine Rolle gespielt. So sei es darin viel um Zeitgeschichte gegangen, von Martin Luther King über Kennedy, Vietnam, Biafra bis zur Mondlandung und Idi Amin. Angebliche Beweise hätten aus Schreiben an Theodor Heuss und Kofi Annan bestanden.

Anwalt Strate meint dennoch, entweder habe die zuständige Staatsanwältin schlecht geschlafen und dann einen Fehler gemacht, oder sie habe die Anweisung erhalten, den Aktendeckel zuzumachen. Dieser Frage wollen die Freien Wähler jetzt in einem Untersuchungsausschuss nachgehen, wie der Abgeordnete Florian Streibl betonte. Er müsse geklärt werden, ob schlicht Unfähigkeit vorgelegen oder die Staatsregierung versucht habe, etwas zu vertuschen. Streibl schloss nicht aus, dass womöglich CSU-Politiker in die Schwarzgeld-Angelegenheit verquickt sind.

Neben den Freien Wählern kritisieren auch SPD und Grüne Justizministerin Beate Merk (CSU), die sich im Fall Mollath bislang immer schützend vor die Staatsanwaltschaft gestellt hat. Angesichts des neuen Gutachtens forderte SPD-Fraktionsvize Inge Aures erneut lückenlose Aufklärung von der Staatsregierung. Grünen-Rechtsexpertin Christine Stahl betonte, Merk müsse die „offensichtliche Fehlleistung“ der Staatsanwaltschaft erklären.

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