Wie das Klima gesunde Bäume sterben lässt

"Seit 2003 geht es bergab in Forchheim": Wie die Natur in Forchheim zuschlägt

Patrick Schroll

Stellvertretender Ressortleiter

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1.9.2020, 14:13 Uhr
Sie geben Sauerstoff, spenden Schatten und schützen auch vor Lärm: doch der Eindruck grüner und gesunder Bäume kann auch täuschen. Sind sie geschwächt, drohen Astabbrüche, die gefährlich werden können. Die Stadtgärtnerei reagiert mit vielfältigen Maßnahmen.

© Foto: Ralf Rödel Sie geben Sauerstoff, spenden Schatten und schützen auch vor Lärm: doch der Eindruck grüner und gesunder Bäume kann auch täuschen. Sind sie geschwächt, drohen Astabbrüche, die gefährlich werden können. Die Stadtgärtnerei reagiert mit vielfältigen Maßnahmen.

Zwei Mal in diesem Sommer sind bereits zwei mächtige Äste von gesunden Bäumen im Stadtpark abgebrochen. Beim Fall des 40 Zentimeter starken und gut 17 Meter langen Astes ist in einem Gutachten von Glück die Rede, dass kein Mensch verletzt wurde. Die Nordbayerischen Nachrichten im Gespräch mit Andreas Geck. Er ist in der Stadt Forchheim zuständig für die Baumpflege.

Herr Geck, in zwei Fällen sind mächtige Äste, die Menschen erschlagen könnten, von eigentlich kerngesunden Bäumen abgebrochen. Was ist da passiert?

Zunächst sind die generell höheren Temperaturen als in den vergangenen Jahren ein Problem für den Baumbestand. Hinzu kommen immer mehr extrem heiße Tage. Für den Baum in der Stadt ist das noch wesentlich schlimmer als im Wald. Dort hat der Baum einen Kollegen neben sich stehen, der ihm Schatten spendet. Der Boden ist zudem mit Gras oder Laub bedeckt. Das gibt es bei Straßenbäumen nicht. Das Laub müssen wir wegräumen und viel Raum für die Wurzeln oder Grün ringsherum gibt es nicht. In der Stadt ist zwischen Einfahrten, Gehsteigen, der Straße und Kabelgräben im Untergrund irgendwo halt noch ein bisschen Platz für einen Baum. Das ist das riesige Problem.

Andreas Geck ist Gärtnermeister und bei der Stadt Forchheim zuständig für die Baumpflege. Obwohl sein Team aus Kontrolleuren regelmäßig die Standfestigkeit der Bäume in der Stadt überprüft, haben zwei mächtige Astabbrüche im Stadtpark für Aufsehen gesorgt. Die Astabbrüche waren nicht vorhersehbar.

Andreas Geck ist Gärtnermeister und bei der Stadt Forchheim zuständig für die Baumpflege. Obwohl sein Team aus Kontrolleuren regelmäßig die Standfestigkeit der Bäume in der Stadt überprüft, haben zwei mächtige Astabbrüche im Stadtpark für Aufsehen gesorgt. Die Astabbrüche waren nicht vorhersehbar. © Archivfoto: Edgar Pfrogner

Nach dem jüngsten Gutachten zum Astabbruch im Stadtpark muss scheinbar jederzeit mit einem herunter brechenden Ast gerechnet werden, auch bei eigentlich gesunden Bäumen. Haben wir es mit tickenden Zeitbomben zu tun?

Wir machen was möglich ist, um das zu verhindern. Im Stadtpark haben wir in den vergangenen Wochen einen Rasenregner installiert, damit wir Wasser in den Boden bekommen. Mit dem künstlichen Bewässern das Defizit auszugleichen ist aber ein Problem. Ein Baum ist nun mal kein Geranienkasten. Wenn die Blumen schlapp, mit Wasser unterversorgt sind, gieße ich den Kasten und nach einer Stunde sind die Blumen wieder besser beieinander. Bei einem Baum ist das schwierig.

Die jüngsten Abbrüche hat Bäume betroffen, die mitten im Stadtpark-Grün stehen, also viel Boden für ihr Wurzelwerk haben.

Trotzdem ist die Hitze und Verdunstung im oberen Bereich der Krone vorhanden. Wie viel Wasser aus dem Untergrund für den Baum nachkommt, wollen wir demnächst im Stadtpark überprüfen. Wenn im Boden beispielsweise Sperrschichten vorhanden sind, könnten diese verhindern, dass der Baum das Wasser ungestört über seine Wurzeln zieht.

2018 und 2019 hat es in Forchheim extrem wenig geregnet, der Grundwasserspiegel ist stark abgesunken. Hat der Regen heuer nicht für Entspannung sorgen können?

Es hat zwar mehr geregnet als letztes Jahr, aber es gab keine ausreichende Feuchtigkeit im Winter, die der Boden wie ein Schwamm aufsaugen kann. Diese Feuchte können die Bäume zum Start ins Frühjahr gut gebrauchen, von ihr zehren. Die Regenfälle im Sommer waren nicht intensiv genug, um die Vorräte wieder aufzufüllen. Ein Regentag mit 60 Litern pro Quadratmeter gab es so gut wie nicht.

Hat sich das Problem der Trockenheit erst in den letzten drei Jahren zugespitzt?

Das geht schon länger vor sich. 2003 hat es den so genannten Jahrhundertsommer gegeben. Seitdem geht es bergab. Bei einem Baum sind die Folgen nur nicht gleich spürbar.

Sie können weder Wettergott noch Klima spielen. Wie reagieren Sie auf die Veränderungen?

Wir wählen seit 2006 andere Baumarten beim Pflanzen aus, wie das ja bereits auch im Wald passiert. Das kann dann zwar ein Ahorn sein, den wir pflanzen, aber eine spezielle Sorte, die resistenter ist – so genannte Klimabäume. Die Pflanzungen sind aber nur Versuche. Ob die Bäume tatsächlich den Klimawandel bestehen, weiß heute noch niemand hundertprozentig. Zudem düngen wir die Bäume, damit Spurenelemente und Bodenhilfsstoffe in den Boden und folglich in den Baum kommen. Das soll helfen, dass sie mit dem Trocken- und Hitzestress besser zurecht kommen. Mit einem besseren Wachstum hat das nichts zu tun. Das machen wir seit ein paar Jahren. Die Düngemittel sind ökologisch und enthalten beispielsweise Algenextrakte. So können die Bäume eine Schlechtwetterperiode und Streusalz in der Stadt hoffentlich besser überstehen.

Schlechtes Wetter bedeutet für Sie viel Sonnenschein und wenig Regen?

Genau das, was viele wollen, ist für die Bäume nicht so gut.

Was bedeutet das alles für die Sicherheit der Bäume? Gibt es Überlegungen, große Äste vorsorglich zurückzuschneiden, oder ist das zu weit gegriffen?

Das ist viel zu weit gegriffen. Unsere Baumbestände sind kontrolliert. Wir haben Baumpfleger und -kontrolleure im Einsatz. Wir machen alles Mögliche, um einen Astbruch zu vermeiden. Wenn ich davon ausgehe, jeden großen Baum vorsorglich einzukürzen, damit eventuell kein Ast abbricht, dann schneide ich auch sehr viele Bäume einfach tot, denn solche starken Schnitte verwachsen nicht mehr.

Den Pflegeschnitt gibt es aber weiterhin?

Dort wo er notwendig ist. Wahllos gesunde Bäume schneiden, das mache ich nicht.

Sehen Sie noch Nachholbedarf beim Grün im Innenstadtbereich?

In der Luitpoldstraße, die gerade saniert wird, werden momentan Baumscheiben geschaffen. Vor der Sanierung gab es dort keinen Baum, wie es auch bei der Egloffsteinstraße bei der Feuerwehr der Fall war.

Werden Bäume grundlegend bei neuen Projekten mit eingeplant?

Auf jeden Fall. Es gibt immer die Bemühung, möglichst viel Grün zu schaffen. Es muss aber auch sinnvoll sein. Schmale Streifen eignen sich nicht unbedingt, weil das Bewässern ein Problem ist. Was beim Gießen im Vergleich zu einem länger anhaltenden Regen nicht geschafft werden kann, ist, dass sich die Luft abkühlt, wodurch sich die Pflanze erholen kann.

Der Trupp der Stadtgärtner ist auch bei Regen mit der Gießkanne unterwegs. Weshalb das?

Das sorgt immer wieder für Verwunderung. Viel Regen fällt bei kurzen Schauern nicht bis auf den Boden der Baumscheibe, zumal das Wasser von den Blättern auf seinem Weg Richtung Boden abgehalten wird. Das was der Baum von oben tatsächlich abbekommt, lässt sich vergleichen, als wie wenn der Mensch bei großem Durst Wasser mit dem Schnapsglas trinkt.

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