Als die BRD-Nationalmannschaft in Forchheim aufschlug

18.9.2014, 10:00 Uhr
Als die BRD-Nationalmannschaft in Forchheim aufschlug

© Foto: Horst Linke/NN-Archiv

Während die Nationalmannschaft der Volleyball-Männer gestern Abend bei der Weltmeisterschaft in Polen gegen den Iran um ihre Chance auf das Halbfinale kämpfte (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet), steht das WM-Turnier der Frauen noch bevor. Und anders als die Herren, die seit dem Triumph der DDR im Jahr 1970 auf die zweite Medaille überhaupt bei einer WM oder EM warten, gehören die Damen immerhin zur europäischen Spitze und holten 2011 und 2013 den Vizetitel. Den Feinschliff für ein mit Rang 5 ebenfalls zufriedenstellendes EM-Turnier in Ostdeutschland legte die weibliche Nationalmannschaft vor fast genau 31 Jahren in Forchheim. Der Auftritt ist bis heute ein Novum der neueren städtischen Sportgeschichte.

„Die Vorbereitung hat schon einige schlaflose Nächte bereitet“, erinnert sich Walter Keltsch schmunzelnd. Über die Anfrage vom oberfränkischen Verband, ob die SpVgg Jahn ein Test-Länderspiel in der damals modernen Dreifachturnhalle des Ehrenbürg-Gymnasiums ausrichten könne, musste der Abteilungsleiter nicht lange nachdenken: „So eine Chance bekommst du nicht jeden Tag.“ Keltsch und die zu dieser Zeit recht erfolgreichen Volleyball-Herren des Jahn trieben Massagebänke, einen Schiedsrichterstuhl (vom Tennisplatz), Nationalhymnen auf Langspielplatte und einen Dolmetscher auf. Improvisierte Werbeplakate wurden auf Tapetenplatten selbst gestaltet. Allein das Fernsehen fehlte beim Großereignis, die Beleuchtung in der Halle reichte nicht aus.

Am Rande ihres Trainingslagers in Rödental bei Coburg trafen die deutschen Damen dann am 4. September 1983 auf die ebenfalls für das EM-Turnier qualifizierte niederländische Auswahl. Die Stars im BRD-Team ihres polnischen Trainers Andrzej Niemczyk waren Terry Place-Brandel, Marina Staden und Rekordnationalspielerin Renate Riek vom Serienmeister SV Lohhof. Vor 900 begeisterten Zuschauern fegten sie die Holländerinnen mit 3:0 Sätzen glatt vom Parkett. „Die Stimmung war grandios, die Spielerinnen genauso vom Publikum beeindruckt wie andersrum“, fand Keltsch. Anschließend wurde beim Bankett in der Kulturhalle gefeiert. Die nicht oranjefarbene Krawatte des niederländischen Volleyballverbandes ist Walter Keltsch als Gastgeschenk besonders in Erinnerung geblieben.

Während das deutsche Team wenig später als Gruppenzweiter hinter Titelverteidiger Bulgarien die Finalrunde erreichte und die EM mit Platz 5 befriedigend abschloss, hielt sich die Volleyball-Euphorie in Forchheim ebenfalls einige Jahre. Bei Heimspielen baggerten und pritschten die Jahn-Herren meist vor über 100 Besuchern und marschierten bis hinauf in die Landesliga.

Ende der 1980er geriet der Aufschwung der jungen Abteilung allerdings ins Stocken. 1988, elf Jahre nach der Gründung, erfolgte der Zusammenschluss mit dem VfB zur Volleyballgemeinschaft Forchheim. Mit gebündelten Kräften, 160 Mitgliedern und sieben Mannschaften ging die VG an den Start, einige Jahre sorgten nun die Damen in der Landesklasse für Furore. Mittlerweile ist die Sportart aber weiter an den Rand gedrängt worden, der Spielbetrieb bei Frauen (Kreisliga) und Männern (Bezirksklasse) hat in den untersten Ligen nur mehr Hobbycharakter. Aktuell wird fieberhaft am Aufbau einer Mädchenmannschaft gearbeitet.

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