Als ein Forchheimer zum Fluchthelfer für DDR-Bürger wurde

30.3.2016, 08:00 Uhr
Als ein Forchheimer zum Fluchthelfer für DDR-Bürger wurde

© Foto: privat

Die Geschichte klingt wie aus einem Thriller: Sie handelt von einem jungen Mann, der aus der DDR zu seiner großen Liebe in den Westen flüchten will. Von uneigennützigen Fluchthelfern mit einem umgebauten Kleinbus, worin sich eine geheime Kammer befand. Und von viel Pech, das am Ende alle ins Gefängnis bringt.

Die junge Frau ist Cathrin Herter aus Senftenberg, die 1988 gerade ihr Studium abgeschlossen hatte. Mithilfe gefälschter Einladungspapiere gelingt Wolfgang Schmidt ein kaum für möglich gehaltener Coup: Cathrin darf mit einem Visum zum Geburtstag ihrer angeblichen „Patentante“ ausreisen. Schon bald steht fest: Sie will nicht mehr zurück. Und sie will ihren Lebensgefährten Steffen Lode aus Ruhland nachholen.

Ein vereinbartes Codewort ließ ihn zu einem geheimen Treffpunkt nach Ungarn fliegen. Mit seinem Cousin Andrew Barnowski machte sich also Wolfgang Schmidt auf den Weg. Sie wollten mit dem jungen Mann über die Grenze nach Jugoslawien und dort ins BRD-Konsulat. Dass sie dabei ausgerechnet die als „Polenroute“ berüchtigte Schmugglerstrecke benutzten, war ihnen nicht klar: Der Fluchtversuch flog am Grenzübergang auf. „Blöderweise, weil mein Cousin einen polnisch klingenden Nachnamen hatte.“

Zwei Tage im Kerker

Steffen Lode wurde in die DDR abgeschoben und dort wegen versuchter Republikflucht zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. „Nach einem Jahr in Cottbus wurde er auch wegen unseres politischen Einsatzes und Dank vieler Gebete in den Westen freigekauft.“ Für Wolfgang Schmidt und seinen Cousin endete das Abenteuer für zwei Tage in einem unterirdischen Kerker in Kecskemet. „Nachdem wir 3200 DM Kaution hinterlegt hatten, durften wir weg.“ Für den Bank-Kaufmann und Diplom-Betriebswirt eine schwer aufzubringende Summe, die er sich bei seinem Cousin Walter Krieg in Kersbach lieh.

Als ein Forchheimer zum Fluchthelfer für DDR-Bürger wurde

© Foto: Güldner

Das Gericht in Ungarn verurteilte die beiden Fluchthelfer zu Geldstrafen, die mit der Kaution abgegolten waren. In die DDR durfte Wolfgang Schmidt bis zu deren Ende dann nicht mehr einreisen.

Doch woher kam die Bereitschaft, sich selbst in Gefahr zu bringen, um andere aus einem „Unrechtsregime“ zu befreien? „Wir haben das aus christlicher Nächstenliebe und echter Freundschaft getan.“ Angefangen hatte es 1972 mit privaten Begegnungen der christlichen Jugend, die bereits konspirativen Charakter hatten.

Dabei lernte er Mitte der 70er Jahre im Zug nach Dresden seine heutige Ehefrau Petra kennen. Nach der Maueröffnung trafen sie sich wieder, drei Jahre später heirateten sie in Forchheim, 1994 zogen sie nach Kirchehrenbach.

Cathrin Herter lebt übrigens noch heute in Forchheim, Steffen Lode ist jedoch weggezogen, wohin, ist nicht bekannt.

Die bebilderte Broschüre mit 78 Seiten ist gegen eine Schutzgebühr von 18 Euro beim Autor zu bekommen: Telefon: (0 91 91) 9 72 60 oder E-Mail: schmidt-Kirchehrenbach@t-online.de

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