Als sei Forchheim im Dornröschenschlaf

10.12.2017, 07:30 Uhr
Als sei Forchheim im Dornröschenschlaf

© Foto: Udo Güldner

Es sei wie im Märchen gewesen, schwärmt Ulrich Fischer. Seit er vor 45 Jahren schon einmal dagewesen sei, hätte sich Forchheims Altstadt kaum verändert. Als ob Dornröschen in einen langen Schlaf gefallen wäre.

Damals Anfang der 60er Jahre suchte der angehende Kunststudent für seine Bewerbungsmappe an der Akademie in Kassel pittoreske Architektur. In der Kleinstadt an der Regnitz wurde er fündig. Schon zu dieser Zeit waren ihm die Begegnungen mit den Einwohnern, deren portraithafte Züge, hilfreiche Ratschläge und unterhaltsamen Anekdoten allerdings wichtiger als Fachwerk und Walmdach.

Vor dem Rathaus gehängt

"Ich habe mir dann immer vorgestellt, wie die Menschen in den Häusern früher gelebt haben." Seine farbenfrohe und kontrastreiche "Bilder-Geschichte" lässt nun aber nicht die schreckliche historische Wahrheit wiederaufleben.

Obwohl das Schicksal des Bauern Ullein bzw. Ulan aus Pegnitz dies hergegeben hätte. War er es doch, der nach landläufiger Meinung 1524 einen lokalen Bauernaufstand angezettelt hatte und danach durch den Henker zu Tode kam — eben auf dem Rathausplatz. Wobei Ulrich Fischer diese Version der Geschichte zurückweist und Ulleins Überleben in Bamberg belegen kann.

Stattdessen versetzt sich Ulrich Fischer in den jungen Ullein, das Kind, das er märchenhaft als "Hänsel" durch die mittelalterlichen Gassen der Stadt streifen lässt. "Ein lebendiges, robustes Kerlchen, das allen alle möglichen Streiche spielt." Als ob Wilhelm Busch seinen Bleistift im Spiel gehabt hätte.

Damit umgeht der Künstler geschickt die blutigen Details der Bauernkriege, die grauenhafte Hungersnot, das Abschlachten wehrloser Menschen, die er ursprünglich in einem Bilderzyklus hatte darstellen wollen. Nun macht er seine "Forchheimer Geschichten" leichter verdaulich, ja kindgerecht.

Vielleicht weil er von 1969 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2006 als Kunsterzieher an einem Gymnasium tätig war und dabei versuchte, dem Nachwuchs das Gute, Wahre und Schöne nahezubringen. Vielleicht aber auch, weil sich seine Idee zerschlagen hatte, einen Kriminalroman in der Kulisse seiner fränkischen Wahlheimat anzusiedeln. Auf jeden Fall wird in den kleinen Comic-Szenen die lokale Geschichte lebendig.

Verhexte Backstube

"Ich liebe helle und durchsichtig schimmernde Farben." Immer wieder greift Ulrich Fischer märchenhafte Motive der Brüder Grimm auf, spielt mit ihnen und gibt ihnen dann eine ganz neue Wendung. Aus dem verhexten Lebkuchenhaus wird so die Backstube der Bäckerei Nagel. Und im Ofen schmort keine gefährliche Alte. Darinnen ist ein etwas einfältiger Büttel eingesperrt, wie man früher zu polizeilichen Ordnungskräften sagte. Der aber überlebt die heiße Phase.

Eine "Oma" aus der Sattlertorstraße verwandelt sich in Frau Holle, und aus einer über 80-jährigen Einwohnerin wird eine gute Fee. "Sie haben mir Geschichten aus Forchheim erzählt, die wahr sein können — oder auch nicht."

Aus den Erzählungen und den Illustrationen soll ein Kinderbuch entstehen. Für Ulrich Fischer wäre es nach dem "Weihnachtsbär" vor 17 Jahren das zweite gedruckte Werk. Und dann hat der einfallsreiche Künstler noch eine etwas verrückte Idee. Ein Märchenmuseum in Forchheim.

"Es stehen so viele Geschäfte leer. Warum die Räume nicht nutzen?" In seiner hessischen Heimat Bad Hersfeld habe ein ähnliches Unterfangen, freilich mit drei Jahrzehnten Geduld, eine "tote Innenstadt wiederbelebt". Bis die Stadtverwaltung sich entschieden hat, will Ulrich Fischer Tatsachen schaffen und arbeitet schon einmal an den großformatigen Wandgemälden.

Die Ausstellung "Forchheimer Geschichten" im Treppenhaus der Stadtbücherei ist noch bis zum 14. Februar 2018 zu sehen. Öffnungszeiten: Mo., Di., Do., Fr. 10—18 Uhr, samstags 10—12.30 Uhr, mittwochs geschlossen.

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