Auch wenn das Bein nicht mehr ganz so hoch kommt

21.4.2012, 10:00 Uhr
Auch wenn das Bein nicht mehr ganz so hoch kommt

Trainer Oliver Schnabel ruft zum „Kihon“ und die gut 30 Trainingsteilnehmer im Alter zwischen zwölf und knapp 60 Jahren wissen Bescheid: Jetzt ist die „Grundschule“ angesagt. Gemeinsam mit Schnabel gehen die Karateka verschiedene Techniken durch – erst langsam, dann schnell.

Auch wenn das Bein nicht mehr ganz so hoch kommt

© Knauer

Unter ihnen ist auch der stellvertretende Vereinsvorsitzende Hans Bartsch. Der 57-Jährige ist bereits seit 15 Jahren aktiv beim Karate. „Natürlich bringe ich das Bein beim Fußstoß lange nicht mehr so hoch wie die jungen Leute hier, aber darum geht es gar nicht“, erklärt Bartsch. Das Training mache ihm keine Probleme, ganz im Gegenteil: „Karate hält meine Muskulatur und meinen Kreislauf fit und gleichzeitig tue ich etwas für die Koordination und muss meinen Kopf anstrengen.“

Denn die vielen verschiedenen Techniken werden von Trainer Schnabel alle auf Japanisch angesagt. Nach dem Aufwärmen, dem Techniktraining und einigen Partnerübungen folgt das „Kata“, ein Kampf gegen einen imaginären Gegner nach fester Schritt- und Schlagabfolge. Hier zeigen die Teilnehmer, wie wichtig die „Kopfleistung“ in dieser Sportart ist: Synchron bewegen sich alle ohne Ansagen im Raum, die Abfolge der Schritte, Drehungen, Schläge und Stöße haben sie jahrelang trainiert.

„Karate hat teilweise sogar etwas Meditatives“, beschreibt Hans Bartsch, der seine Lieblingssportart auch Männern und Frauen im fortgeschrittenen Alter weiterempfiehlt. Auch Oliver Schnabel schließt sich der Meinung an: „Heutzutage ist es keine Seltenheit mehr, dass Frauen und Männer im Alter von 60 Jahren und sogar darüber mit Karate beginnen.“

Alt mit jung, orange mit schwarz

Das Training für die fortgeschrittenen Karatesportler hält Oliver Schnabel im Wechsel mit seiner Frau Silvia, die beide, wie einige andere auch, den schwarzen Gürtel tragen. Während der Trainingseinheit achtet Schnabel in den Partnerübungen darauf, dass die Partner gewechselt werden. So trainiert jung mit alt und „Orangegurt“ mit „Schwarzgurt“.

Auch der 18-jährige Jakob Stielper ist mit Eifer dabei. Obwohl er erst den gelben Gürtel umgebunden hat, darf er heute bei den „Großen“ mittrainieren. Der junge Mann leidet an Trisomie 21. Vor knapp zwei Jahren hat er gemeinsam mit seiner Mutter Gisela den Karatesport begonnen und ist seitdem begeistert dabei.

„Für Jakob ist Karate die optimale Sportart“, findet Gisela Stielper. Anfangs sei sie schon überrascht gewesen, wie gut sich ihr Sohn das spezielle „Know-How“ angeeignet hat. Für die Gürtelprüfungen habe er immer viel geübt. Und selbst wenn Jakob im Training einmal nicht weiter weiß, helfen ihm Trainer Oliver Schnabel und die anderen erfahrenen Sportler weiter. „Durch die vielen Vorbilder ist Jakob sehr motiviert und übt sogar zu Hause“, verrät die Mutter.

Auch wenn die Teilnehmer unterschiedlichen Alters sind und sich auf verschiedenen Leistungsstufen bewegen, ermöglicht Oliver Schnabel unterschiedliches Tempo. Gisela Stielper weiß das zu schätzen: „Ich freue mich sehr, dass der Verein für uns Quereinsteiger und auch für behinderte Menschen offen ist.“

Auf www.karate-forchheim.de können sich Interessierte über den Verein und die angebotenen Kurse informieren.

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