Bauboom: Was Kersbach von Adelsdorf lernen kann

14.7.2017, 08:00 Uhr
Bauboom: Was Kersbach von Adelsdorf lernen kann

© Fotos: Niko Spörlein

In der Großgemeinde Adelsdorf scheiden sich die Geister, wenn die Debatte über den neuen "Stadtteil SeeSide" geführt wird. Dort entstehen auf dem früheren Gelände des Aldi-Zentrallagers an der Bahnhofstraße rund 500 neue Wohneinheiten auf einer Gesamtfläche von 133 965 Quadratmetern (Zum Vergleich: Pointäcker Süd in Kersbach umfasst 357 Wohneinheiten auf 47 000 Quadratmetern).

"Ein Unding, ein Monster, sozialer Brennpunkt" werde absehbar entstehen;  in die Gärten der Erdgeschosswohnungen passen oft nur drei Bierbänke, Garagen fehlen sowieso, das sagen die einen. "Eine schmucke, farbenfrohe und vor allem rationale Bauweise, die auch erschwinglich ist für junge Familien", sagen die anderen.

Debatte seit 2011

2011 tauchte das Baugebiet mit der offiziellen kommunalen Bezeichnung "Reuthsee" erstmals im Adelsdorfer Gemeinderat auf. Groß angelegte und von der Polizei unterstützte Verkehrszählungen wurden durchgeführt. Die Dimensionen sind heute sichtbar, die massive Bebauung konnte sich niemand von den Bürgervertretern nur annähernd vorstellen. Vielleicht wollte man das auch nicht, denn die Verhandlungen mit einem "luxemburgischen Investor" kamen seinerzeit nicht voran und schienen das ganze Vorhaben scheitern zu lassen.

Bauboom: Was Kersbach von Adelsdorf lernen kann

Jener Investor, der nie persönlich auftrat, ließ sich vertreten von der Münchner Grundstücks- und Immobilien-Gesellschaft "GiG" und deren Repräsentanten Mattias Sawitzky, ein Kaufmann. Jahre gingen ins Feld und nichts tat sich; Wie von Geisterhand gesteuert, wurde die Gemeinde von einem Tag auf den anderen so nebenbei davon unterrichtet, dass der ominöse "luxemburgische Investor" (wie sich im Laufe der Zeit herausstellte: ein weltweit agierender Immobilien-Konzern mit Sitz in den USA) von seinem Vorhaben abrückte.

Investor hat ein Gesicht

Die hierzulande besser bekannte und auch renommierte Immobiliengesellschaft Kraus aus Nürnberg kaufte das Areal, und seither hatte der Investor mit Ralph Munck auch ein Gesicht.  2015 erhielt das Projekt den Namen "SeeSide", weil der Adelsdorfer Gastronom Waldemar Schmitt in Sichtweite seinen riesigen Karpfenweiher dort bewirtschaftete. Das tut Schmitt mittlerweile nicht mehr. Der Weiher steht leer, denn die Häuser rücken seit Baubeginn im Sommer 2015 bis auf einen Steinwurf an seinen Karpfenteich heran.

Die Adelsdorfer Lokalpolitiker waren also froh, dass sich mit Kraus Immobilen etwas tut im "Reuthsee" und winkten im Vorfeld ziemlich alles durch, allerdings erst nach unzähligen Gutachten über Gutachten über Fauna und Flora, über die Entwässerung, über die Anbindung, die Nahversorgung, den ÖPNV nach Erlangen und Forchheim. "Dass sich das dermaßen entwickelt, hätte ich nie gedacht", sagte Gemeinderat Jörg Bubel (SPD) erst vor wenigen Wochen. Wie Ralph Munck ohne durch die Blume zu sprechen schon seinerzeit ankündigte, werde gebaut, wie die Kundenwünsche sind. Woche für Woche schießt seither Reihenhaus über Reihenhaus, Einzel- und/oder Doppelhäuser aus dem Boden. Aktuell sind laut Ralph Munck 180 Wohneinheiten errichtet und größtenteils auch schon verkauft. Ab 240 000 Euro werden Reihenhaushälften schlüsselfertig und notariell verbrieft offeriert.

Aufhalten kann man dieses Bauprojekt nicht mehr, das die gesamte Infrastruktur der Großgemeinde Adelsdorf jetzt schon verändert. Wegen der heute schon rasant steigenden Geburtenrate wird in Adelsdorf ganz aktuell eine Kindertagesstätte nach der anderen eingeweiht oder es ist Spatenstich für den nächsten Hort.

Bis 2020, so Berechnungen der Gemeinde, wächst Adelsdorf bis auf rund 10 000 Einwohner (heute: circa 7500). Und der Kämmerer reibt sich angesichts der dann steigenden Einkommensteuerbeteiligung heute schon die Hände, obwohl das "Baby-Boom-Dorf" (Fischkal) keinen einzigen Bauplatz verkaufen kann, weil der Gemeinde dort in der SeeSide nichts gehört.

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