Begabte Schüler: Von der Rhetorik bis zur Molekularen Küche

21.2.2018, 06:00 Uhr
Begabte Schüler: Von der Rhetorik bis zur Molekularen Küche

© Foto: HGF

Jedes Kind soll im Unterricht mitkommen. Das allein ist schon eine Herausforderung für die Lehrer. Doch neben Schülern, die sich in einigen Fächern schwer tun, gibt es auch jene, sie sich in allem leicht tun. Und auch sie sollen, so will es das Bayerische Kultusministerium, gefördert werden. Doch ab wann gilt ein Schüler oder eine Schülerin als begabt?

"IQ-Tests machen wir nicht", das betont Almut Hertrich, Oberstudienrätin am Gymnasium Fränkische Schweiz in Ebermannstadt. Um festzustellen, welche Schüler für eine Förderung zusätzlich zum normalen Lernstoff in Frage kommen, schauen die Lehrer auf den Notendurchschnitt einerseits und auf die Persönlichkeit andererseits: Ist das Kind oder der Jugendliche beispielsweise sehr kreativ, an vielen verschiedenen Dingen interessiert oder zeigt ein geschicktes Händchen im Lösen von Problemen, dann wird das ebenfalls berücksichtigt. Der Bezirk Oberfranken hat zudem einen Notendurchschnitt von 1,5 (oder besser) in den Kernfächern als Kriterium festgelegt.

Je nach Alter und Jahrgangsstufe fördern die drei Gymnasien im Landkreis laut eigenen Angaben Schülerinnen und Schüler, die eben diesen Kriterien erfüllen. Die Lehrkräfte sprechen die Begabten an und laden sie ein, bei den Angeboten mitzumachen. Ab der sechsten Klasse bis zur zehnten gibt es Angebote für die Unter- und Mittelstufe, danach für die Oberstufe.

Die drei Gymnasien im Landkreis — das Herder- und das Ehrenbürg- Gymnasium in Forchheim sowie das Gymnasium Fränkische Schweiz (GFS) in Ebermannstadt — konzipieren dafür eigene Kurse oder Projekte. Diese sind auch offen für Interessierte von anderen Gymnasien, mitunter kommen sogar Schüler aus Bamberg. Zum Schuljahresbeginn erstellen die einzelnen Schulen Listen mit ihren Zusatzangeboten.

Wie eine Stadt funktioniert

Das Herder zum Beispiel hat aktuell einen Zusatzkurs, der das Thema Städte behandelt: Die Schüler erarbeiten sich Antworten zu den Fragen, wie Städte funktionieren und welche Institutionen sie brauchen. Für dieses Projekt hat ihre Lehrerin Christine Bett auch externe Partner gewonnen: So besuchten die Teilnehmer vor kurzem den Folienspezialisten Infiana und ließen sich das Unternehmen zeigen (wir berichteten).

Da die Gruppe sehr heterogen ist (es machen Schüler aus den Klassen sechs bis zehn mit), sei das "schon eine Herausforderung", wie Bett erklärt. Die Wissensstände seien eben doch sehr unterschiedlich. Sie löst das Problem, indem sie die Schüler für einige Aufgaben in Gruppen unterteilt.

Das Ehrenbürg bietet einmal pro Monat einen Tag an, an dem sich die Schüler der verschiedenen Jahrgänge einem bestimmten Thema widmen — zum Beispiel der "Molekularen Küche" für junge Chemiespezialisten. Für die Sprachtalente und die Kreativen gibt es außerdem einen Filmkurs, indem sie lernen, literarischen Stoff in Bewegtbildern festzuhalten, wie Studiendirektor Herbert Specht erklärt.

Schauspieler zu Gast

Am GFS wiederum steht derzeit ein Seminar in Rhetorik und Auftreten für Siebt- bis Neuntklässler auf dem Plan. Unter anderem bringt ein Schauspieler, den Hertrich für das Projekt gewinnen konnte, den Jugendlichen bei, wie sie sich gekonnt Präsentieren. Der Kurs erstreckt sich über mehrere Blocktage.

Solche Zusatzangebote zum normalen Unterricht bezeichnet das Bayerische Kultusministerium als Enrichment (zu Deutsch: Bereicherung). Im Gegensatz dazu gibt es an acht Gymnasien in Bayern sogenannte Hochbegabtenklassen — darunter das Dürer Gymnasium in Nürnberg: Um in so eine Klasse gehen zu können, müssen die Schüler vorher jedoch einen Test absolvieren.

Doch individuelle Förderung gibt es auch an den Gymnasien im Landkreis — ohne extra Begabtenklassen. In der Oberstufe werden die Schüler verstärkt einzeln gefördert. Sie können zum Beispiel an Wettbewerben teilnehmen, wie dem "Bundeswettbewerb Fremdsprachen", dem "Bundes- und Landeswettbewerb Mathematik" oder der "Battle of the Books" mit dem Deutsch-Amerikanischen Institut.

Daneben gibt es die Möglichkeit, ein Frühstudium zu absolvieren — die Schüler besuchen dabei Kurse an der Uni und werden für die Zeit vom Unterricht befreit. Die Schülerstudenten können auch Prüfungen schreiben und sich diese später anrechnen lassen, wie das Kultusministerium erklärt. Den Stoff, den sie in der Schule versäumen, müssen sie selbstständig nacharbeiten. Die besten Abiturienten der verschiedenen Schulen können zudem eine Hochbegabtenprüfung in Hof absolvieren — was ihnen den Weg zu Stiftungs-Stipendien fürs Studium ebnet.

Leistung lohnt sich

Doch nicht nur die einzelnen Schulen, auch die Region Oberfranken hat eigene Programme und Kurse zur Begabtenförderung. Die Koordination mit den einzelnen Schulen übernimmt der Ministerialbeauftragte, die sogenannte MB-Dienststelle. Dort können die Schulen auch Zuschüsse für ihre Kurse beantragen, wie zum Beispiel die Übernahme der Fahrt- oder Eintrittskosten in Museen.

"Wir müssen einen Antrag stellen und den benötigten Betrag beziffern", erklärt Christine Bett vom Herder-Gymnasium. Weshalb sie auch die genaue Anzahl der Schüler nennen muss. Wer den Notenschnitt also nicht erreicht, kann nicht mitmachen.

Führt diese spezielle Förderung unter Umständen also zur Spaltung der Klassen? Gibt es Neid und Ausgrenzung? Bett hat diese Beobachtungen noch nicht gemacht. Wer nicht hochnäsig damit umgehe, lade auch nicht zu Kritik ein. Je nach Thema und Struktur des Kurses sind einige auch offener für andere Interessierte. Herbert Specht vom Ehrenbürg-Gymnasium sieht die Wirkung der Zusatzkurse so: "Die Förderangebote zeigen, dass sich Leistung lohnt."

 

Keine Kommentare