Biogasanlage Eggolsheim: Bürger haben die Nase voll

16.11.2017, 10:00 Uhr
"Es riecht beim Kaffee auf der Terrasse so eklig, dass du nur noch kotzen kannst": Deutliche Worte von der Bürgerinitiative für „Geruchsfreie Umgebungsluft“ fielen mit Blick auf die umstrittene Biogasanlage bei Eggolsheim in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates.

© Roland-Gilbert Huber-Altjohann "Es riecht beim Kaffee auf der Terrasse so eklig, dass du nur noch kotzen kannst": Deutliche Worte von der Bürgerinitiative für „Geruchsfreie Umgebungsluft“ fielen mit Blick auf die umstrittene Biogasanlage bei Eggolsheim in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates.

Anlass: Der Erlass einer Satzung zur Städtebauförderung. Es geht um Rückbauten der Straßenbreiten. Bürgermeister Claus Schwarzmann (Bürgerbund) verlegte die Sitzung deshalb kurzfristig in den Saal der Eggerbachhalle.

Da fanden sich dann auch 60 Bürger ein. Das Wort erhielt der Sprecher der Bürgerinitiative für „Geruchsfreie Umgebungsluft“, der vormalige Geschäftsführer der Gemeinde, Franz Lehnert. Im Sinn seiner Mitstreiter Hermine Endt und Christian Wallach sowie 260 eingereichter Unterschriften machte Lehnert deutlich, „es riecht beim Kaffee auf der Terrasse so eklig, dass du nur noch kotzen kannst“.

Kaum erklärbar sei das nach Besuchen von Anlagen in Ebensfeld, Litzendorf oder Willersdorf. Rückfragen bei den Gemeinden und Bürgern bestätigten: Geruchsbelästigungen gäbe es dort nicht. In Eggolsheim-Süd sei die Lebensqualität und damit der Immobilienwert um 30 Prozent gesunken, machte Lehnert eine kaum belegbare Rechnung auf – doch blieb die Forderung an den Gemeinderat, die „bisher untätige“ Immissionsschutzabteilung des Landratsamts einzuschalten.

Der Sprecher der Bürgerinitiative für „Geruchsfreie Umgebungsluft“, Franz Lehnert, machte seinem Ärger in der Eggerbachhalle Luft.

Der Sprecher der Bürgerinitiative für „Geruchsfreie Umgebungsluft“, Franz Lehnert, machte seinem Ärger in der Eggerbachhalle Luft. © Marquard Och

In einem Gutachten sei der Ausgang der Geruchsbelästigung von der Biogasanlage – vornehmlich durch die Silage von Gras – dokumentiert, führte Lehnert zu „gebetsmühlenartigen Behauptungen“ der Betreiber aus, dass „die Gerüche von anderen Verursachern stammen“. Fazit der Bürgerinitiative nach 54 aufgezeichneten Geruchsbelästigungen von Januar bis Juli 2017: sollte der penetrante Gestank anhalten, sei eine Klage gegen den Betreiber unausweichlich.

„Im Jahr 2016 war es tatsächlich besser“, erinnerte Bürgermeister Schwarzmann, „2017 war es eine Katastrophe“. Der Geschäftsführer der Stadtwerke Erlangen, Wolfgang Geuß (mit den Stadtwerken Forchheim Betreiber der Biogasanlage) müsse eigentlich wissen wovon er rede, „die Schuld auf andere zu schieben, ist nicht statthaft“, betonte der Rathauschef.

Immissionen seien messbar, es sei die Pflicht der Genehmigungsbehörde, den rechtmäßigen Betrieb der Anlage zu prüfen, unterstrich Bürgerbundrat Stefan Pfister. Hans-Jürgen Dittmann (CSU) verlangte eine Einsicht in die Betriebsabläufe: „Woher kommen die Einlagen, wohin gehen die Reste?“
Im 20:0 Beschluss ist nun festgehalten: die Gemeinde nimmt zur Verbesserung der Geruchssituation Kontakt mit der Genehmigungsbehörde auf. Die Genehmigung der Anlage und deren Kontrolle sollen überprüft werden. Die Betreiber sollen zur ordnungsgemäßen Einlagerung aufgefordert werden und auf die Annahme von Grassilage verzichten.

120 Unterschriften gegen Isek

Die Städtebauförderung für Eggolsheim, darunter der Erlass einer Satzung für die Festlegung des Sanierungsgebiets „Ortsmitte“, rief die Interessengemeinschaft „Alter Ortskern“ auf den Plan. Deren Vorsitzender Martin Pöhlmann erhob namens 67 Gegenstimmen (Unterschriften) von Anliegern der Haupt- und Hartmannstraße Widerspruch zum integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept (Isek). Er sprach von nachteiligen Veränderungen im Vergleich zu den gegenwärtigen straßenbaulichen Strukturen und missbilligte die Reduzierung der Hauptstraßenbreite auf sechs Meter.

Von der Verwaltung nahm Geschäftsleiter und Isek-Beauftragter Stefan Loch Stellung: Es bestehe erheblicher Sanierungsbedarf, dabei gehe es nicht nur um den Verkehrsraum, vermehrte Leerstände, schlechte Gehwege und die Verbindung zu Wohngebieten benötigten Verbesserungen. In dem 2015 angestoßenen Prozess hätten Bürger und Fachplaner viel Zeit und Wissen eingebracht. Isek sei als Handlungsleitfaden für die nächsten 15 Jahre zu betrachten, der angepasst und verändert werden könne. Wichtig seien Kompromissbereitschaft, Mut für Veränderung und gemeinsames Handeln.

Die in der Hauptstraße angestrebten Pflasterflächen lehnten die Anwohner wegen des erhöhten Geräuschpegels ab. Die Wünsche der Bürger würden berücksichtigt, es könne aus zwei Varianten ausgewählt werden, bemerkte Verwaltungschef Loch. Auf keinen Fall seien die Bewohner der Hartmannstraße zudem damit einverstanden, den bisher am Eggerbach befindlichen Gehsteig an die südliche Häuserzeile zu verlegen – gerade die bisherige Gehsteigführung würde den Bach „erlebbar“ machen, so die IG.

Auf Anregung der Lenkungsgruppe (in der die IG vertreten ist) sei in der ersten Planung die Verlegung vorgesehen worden, lautete die Stellungnahme aus dem Rathaus. In einer Anwohnerversammlung sei Einverständnis erzielt worden, zwei Varianten in den weiteren Planungsprozess zu übernehmen. Entsprochen wird dem Wunsch der Anlieger, die Senkrechtparkplätze in ihrer aktuellen Zahl zu erhalten.
Die von Bewohnern der westlichen Hartmannstraße abgelehnte Einbahnstraße ist vom Tisch, „darüber reden wir schon lang nicht mehr“, bemerkte der Bürgermeister. Mit 15 Unterschriften widersprachen Anlieger des Knotenpunkts Haupt-/St. Martin-/Bahnhofstraße: befürchtet wird eine Mehrung des Durchgangsverkehrs um bis 70 Prozent. Hier wurde Stefan Loch deutlich: „Das mit spekulativen Annahmen ohne fachplanerische Einschätzung zu unterstellen, ist höchst unseriös“ – und die Motivation zur Unterschriftenaktion bleibe fraglich.

Satzung beschlossen

In der Ratsdebatte kritisierte Peter Eismann diese Aussagen von Stefan Loch: „Befürchtungen müssen die Bürger äußern dürfen“, der Verwaltung stehe es nicht an, dies mit dieser Wortwahl abzutun. Das traf bei den „alter Ortskern“-Verfechtern“ auf Beifall.

„Wir sind hier nicht im Theater“, bremste der Gemeindechef – eine Stellungnahme stehe dem Geschäftsleiter wohl zu. Mit 17 gegen drei Stimmen aus der CSU folgte der Satzungsbeschluss.

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