Blut-Tat mit Axt: Angeklagter wieder frei

21.10.2016, 11:00 Uhr
Blut-Tat mit Axt: Angeklagter wieder frei

© Beke Maisch

Der 45-jährige Forchheimer war unter anderem angeklagt, einen Mann mit der Axt verletzt zu haben (wir berichteten). Am zweiten Verhandlungstag hatte es ganz danach ausgesehen, dass bald die Plädoyers folgen können. Wäre da nicht der Gutachter Professor Norbert Thürauf gewesen. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik Erlangen änderte sein Gutachten vom Juni 2016 ab. Allerdings nur, weil der Angeklagte am ersten Verhandlungstag erklärt hatte, er habe kurz vor dem Tatzeitpunkt eine Kräutermischung geraucht. Das hatte er vorher weder der Polizei, noch dem Ermittlungsrichter oder dem Gutachter gesagt.

Der Sachverständige hatte bis dahin „nur“ mit Alkohol, Cannabis, Schmerztabletten und Klebstoff-Schnüffeln gerechnet. Der neue Aspekt sorgte für Wirbel. Die entscheidende Frage des Tages war, ob der Angeklagte vollständig oder vermindert schuldunfähig sein könnte. Wusste er zum Tatzeitpunkt, dass sein Handeln unrecht war und konnte er es steuern? Eine „tiefgreifende Bewusstseinsstörung“ durch den Kräuterkonsum könne nicht ausgeschlossen werden, so der Gutachter.

Anstatt einer Gefängnisstrafe könnte der Angeklagte bei einer Schuldunfähigkeit auch zur Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung oder einer Entziehungsanstalt verurteilt werden. „Dass eine Therapie zur Bekämpfung der Alkoholsucht großen Erfolg hätte, dafür besteht wenig Hoffnung,“ dämpfte Thürauf die Erwartungen. „Er ist willensschwach und lässt sich leicht zu Straftaten anstiften.“ Was seine inzwischen 29 Vorstrafen in den letzten 30 Jahren eindrucksvoll unter Beweis stellten. Diebstahl, Raub, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, Körperverletzung und Hausfriedensbruch gehören dazu.

Schließlich blieb der zweiten Strafkammer unter Vorsitz von Richter Manfred Schmidt keine Wahl. Den Vorwurf des versuchten Totschlages hielten alle Beteiligten nach mehreren Zeugenvernehmungen für obsolet. Da noch die gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen übrig blieb und diese mit sechs Monaten aufwärts bestraft würde, der Angeklagte aber bereits seit Ende Januar 2016 in Untersuchungshaft saß, wurden dem Angeklagten noch im Gerichtssaal die Fußfesseln abgenommen.

Die Verhandlung wird fortgesetzt, sobald die rechtsmedizinische Untersuchung der zweiten Blutprobe vom Tatabend erfolgt ist und der neue Gutachter dazu Stellung genommen hat. Dann wird klar sein, ob die Kräutermischung die Handlungen des Angeklagten beeinflusst hat.

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