Bund Naturschutz: Kattenbeck hört auf

22.4.2014, 07:00 Uhr
Bund Naturschutz: Kattenbeck hört auf

© Ulrich Graser

„Ich bin verbraucht“, sagt Heinrich Kattenbeck. Er sitzt am Kaffeetisch im Wohnzimmer, der Blick aus dem Fenster geht direkt aufs Walberla, den „heiligen Berg der Franken“. In der Walberla-Gemeinde Kirchehrenbach lebt Kattenbeck seit 1958. Am 17. Juni vollendet er sein 75. Lebensjahr und fühlt sich also – „verbraucht“?

Ja, sagt er, „das Fass ist voll, ich kann nichts Neues mehr bringen“. Deswegen habe er nach 14 Jahren die Leitung der BN-Kreisgruppe abgegeben an Jüngere: „Ich habe gemerkt, dass ich mich mit manchen Leuten angelegt habe und manchmal sehr aggressiv geworden bin, was ich eigentlich gar nicht will.“ Daher der Rückzug.

Ein Rückzug von nur einem Amt, einem von sehr vielen. Heinrich Kattenbeck weiß, was an runden Geburtstagen auf einen Multifunktionär wie ihn zukommt, deswegen hat er seine ehrenamtliche Laufbahn gleich selbst aufgeschrieben. Sie beginnt 1958 und endet mit dem Jahr 2014 noch lange nicht. Ob Ministranten, Jahn Forchheim, Wasserwacht, Rotes Kreuz, Kolpingfamilie, Junge Union, CSU, Freie Wähler oder TSV Germania — Kattenbeck war und ist überall dabei, meist in leitender Funktion, denn: „Ich kann mich schlecht einordnen, weil ich meiner Zeit immer voraus bin.“

Krankenhäuser und Brauereien

Der gelernte Industriekaufmann startet die berufliche Karriere bei der Folienfabrik in seiner Heimatstadt Forchheim, bildet sich in den 1970ern zum Computerfachmann fort (damals hieß das Systemanalytiker) und spezialisiert sich auf die Materialwirtschaft für — Achtung! — Krankenhäuser und Brauereien.

1980 beginnt Kattenbecks Karriere als Klinik-Manager. Von Nürnberg geht es über Würzburg in den 1990er Jahren nach (Ost-)Berlin in die katholische St.-Hedwigs-Klinik. Rast- und ruhelos in der nie schlafenden Stadt: „Da hat’s mich dann zammg’haut“, 1997 war das. Kattenbeck, gesundheitlich angeschlagen, muss den (beruflichen) Ruhestand antreten.

„Ich habe meiner Frau Renate sehr viel zu verdanken“, sagt er. Nicht nur die Freistellung von Familienpflichten wie der Kindererziehung (ein Sohn, eine Tochter und bald zwei Enkel). Nein: Renate Kattenbeck hatte laut ihrem Mann schon weit vor ihm den Naturschutzgedanken „verinnerlicht“, als er eigentlich nur als zahlendes Mitglied von ihr „mitgeschleppt“ wurde, zum Krötentragen zum Beispiel.

Retter der Kreisgruppe

Aus dem mitgeschleppten Krötenträger wurde im Mai 2000 schließlich der Retter der BN-Kreisgruppe. Vorgänger Heinz Marquart hatte es sich in einem jahrelangen Kleinkrieg mit allen Freunden verdorben und war schließlich zur CSU übergetreten, die er früher immer so vehement bekämpft hatte.

Heinrich Kattenbeck indes hatte der CSU schon Ende der 70er Jahre den Rücken gekehrt: „Da gab es mir zu viel Vetterleswirtschaft und das S für Soziales stand nur im Namen.“

Das Soziale bestimmt Heinrich Kattenbecks Leben seit jeher fast noch stärker als der Naturschutz. Mit 61 Jahren warf er dennoch seinen Hut in den Ring und ist jetzt, 14 Jahre später, zufrieden mit den meisten seiner Leistungen: „Mein Hauptziel war, dass der Bund Naturschutz im Landkreis flächendeckend vertreten ist, um mit den Bürgermeistern auf Augenhöhe sprechen zu können.“ Dieses Anliegen sieht Kattenbeck erfüllt.

„Ich hatte nie ein Feindbild“, sagt er, das unterscheide ihn von seinem Vorgänger, den er als Experten für den Naturschutz schätze. Der Verlust der Zusammenarbeit mit Marquart, der inzwischen den BN ganz verlassen hat, ist für Kattenbeck die größte Enttäuschung seiner Amtszeit: „Er respektiert nicht die Meinung Andersdenkender und ist sehr extremistisch.“

Runde Tische etabliert

Kattenbecks Credo laute: „Immer nach Kompromissen suchen.“ Deshalb die Runden Tische mit dem Landrat, mit den Jägern, Bauern, Fischern und Imkern. Deswegen die sachbezogenen Bündnisse mit Parteien und Verbänden: „Ich will immer alle ins Boot holen, um Gemeinsamkeiten zu diskutieren, in edler Streitkultur.“ Mit „edler Streitkultur“ allerdings komme er bei den Windkraft-Gegnern in Pinzberg und Umgebung nicht weiter.

Die Suche nach Gemeinsamkeiten hört für Kattenbeck auch beim Thema Ostspange/Südumgehung auf. Der Verhinderung dieser Straßentrasse will er sich mit der von ihm gegründeten Bürgerinitiative widmen „bis zum Tod“. Die drastische Ausdrucksweise ist bewusst gewählt. Denn: „Der Flächenfraß, das ist mein Thema.“

Den Schwerpunkt seiner Aktivitäten in der letzten Lebensphase sieht Heinrich Kattenbeck allerdings im sozialen Engagement: als Vorsitzender des Vereins Sozialtherapeutische Wohn- und Arbeitsgemeinschaft Haus Odilia, als Helfer bei der Seniorengemeinschaft Ehrenbürg Daheim-Dafür, als Berater verschiedener Einrichtungen und Ausschüsse in Kirchehrenbach und: als Wettermelder für den Bayerischen Rundfunk.

Ob er die letzte Phase seines Lebens wohl genießen kann, wenn er beim Blick aus dem Fenster kein Windrad vor dem Walberla sieht? Da lacht er, der Kattenbeck, dann schnauft er tief durch und sagt ernst: „Ganz ehrlich, das tut schon weh.“ Er könne einfach nicht sagen, er wolle auf der einen Seite keinen Atomstrom, aber auf der anderen auch kein Windrad, nur weil es vor seiner Haustür steht.

Hier bricht wieder die Verantwortungsethik des einstigen Schülers der Benediktinerabtei Münsterschwarzach durch. Beten und Arbeiten, hieß es dort. Aber auch: Was immer du tust, handle klug und bedenke das Ende. Heinrich Kattenbeck beherrscht den Spruch auch auf Latein.

Keine Kommentare