Der Jahn aus Forchheim im Dilemma

18.3.2013, 10:30 Uhr
Der Jahn aus Forchheim im Dilemma

© Ralf Rödel

Punkt 10 der Tagesordnung am Freitagabend war eine mittlerweile bei vielen Vereinen zur reinen Formalität gewordene „Beitragsanpassung“. Einstimmig und ohne großes Murren beschloss die Mitgliederversammlung, den Jahresgrundbeitrag für alle Alterstarife um bis zu sechs Euro (Erwachsene, Familien) zu erhöhen. „Zusammengerechnet mit dem gleichbleibenden Aktivenbeitrag kostet die Mitgliedschaft für ein sieben bis 13-jähriges Kind im Jahr nun 69 statt 66 Euro. Eine maßvolle Erhöhung, die der Leistung des Vereins angemessen ist“, findet Jahn-Vorsitzender Gunter Bierfelder. Und die Schatzmeister Gerhard Tinkl etwas Spielraum verschaffen soll.

In seinem Kassenbericht – erstmals wurde darauf verzichtet, den Gesamtverlust als Summe in der Öffentlichkeit zu nennen – hatte Tinkl mit einer einzigen Zahl aber schon sein Pulver an positiven Nachrichten verschossen. Zum ersten Mal seit 2008 verzeichnete der Verein mehr Eintritte als Austritte und steigerte seine Mitgliederzahl um 18 auf 1338. Der Rest kam einem Feuerwerk an Hiobsbotschaften gleich und endete mit einem Knall. Die Stadt strich voriges Jahr (die NN berichteten) den Zuschuss für die Personalkosten bei der Bewirtung der Jahn-Kulturhalle, was sich mit einer Etatlücke von 16000 Euro bemerkbar machte. Auch bei der Sportförderung zog sich die Stadt zurück, Gebühren für die Hallennutzung von 5000 Euro blieben am Jahn hängen.

„Neue Schulden kein Weg“

Allein die Vereinskosten für Strom und Wasser stiegen im Jahr 2012 um 8000 Euro. Nun holte Tinkl zum letzten großen Schlag aus: „Gerade einmal zehn Prozent der Beitragseinnahmen können wir den Abteilungen für den aktiven Sport zur Verfügung stellen, 39 Prozent gehen für Zinszahlungen und 36 Prozent für Zinstilgungen drauf. So können wir nicht weitermachen, die Neuverschuldung zu vergrößern, um Zinsen zu tilgen.“ Die Schulden des größten Forchheimer Sportvereins belaufen sich auf weit über 400000 Euro.

Die Vereinsspitze um den Vorsitzenden Gunter Bierfelder ist also unter Zugzwang. „Wir brauchen einen Befreiungsschlag“, sagt Bierfelder, der in seiner Eingangsrede die Probleme von Sportvereinen im Allgemeinen, die unter der niedrigen Geburtenrate und dem veränderten Freizeitverhalten der Menschen zu leiden hätten, skizziert hatte. Die Rettung sieht Bierfelder mittelfristig in einer Fusion mit dem VfB, sobald die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schelsky-Affäre geklärt seien („Auch ein Zusammenschluss mit dem ATSV wäre denkbar, die drei Vereine würden sich mit ihren Abteilungen gut ergänzen.“) und im Verkauf des Vereinsgeländes sowie der Neuansiedlung mit der Tennisabteilung in einem gemeinsamen Heim: „Voraussetzung ist, dass wir nach der Veräußerung komplett schuldenfrei sind.“

Seit fast zwei Jahren steht die Führungsspitze in komplizierten Verhandlungen mit der Stadt Forchheim und potenziellen Investoren. „Alles dreht sich um die Frage, ob für den künftigen Eigentümer aus bau- und lärmschutzrechtlicher Sicht eine Wohnbebauung möglich ist“, erklärt Bierfelder. Ein Millionenspiel, mit richtungsweisender Bedeutung für die künftige kulturpolitische Ausrichtung der Stadt, die sich entscheiden muss, wie sie zur Jahn-Halle als Veranstaltungsort steht.

Tagesordnungspunkt 9 der Versammlung, „Aussprache und Beschlussfassung über den etwaigen Verkauf des Vereinsgeländes“, versprach in dieser Hinsicht Neuigkeiten, doch der Vorsitzende bat um Geduld: „Als wir die Tagesordnung erstellt haben, bahnte sich etwas an. Nun sind wir aber doch noch nicht so weit. Während der Gespräche stetig Wasserstandsmeldungen abzugeben, wäre unseriös.“ Bierfelder bestätigte nur, dass konkrete Verhandlungen mit einem Interessenten geführt würden und es „momentan gut aussieht“. Über das Angebot werde später in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung abgestimmt, Mitte des Jahres könnte es soweit sein. Aus dem Plenum kamen keine Wortmeldungen, obwohl die Frage der künftigen Sportstätte wie ein Damoklesschwert über allem schwebt. „Das Gelände des VfB kommt nicht in Frage“, insistierte Gerhard Tinkl. Ein Bekenntnis zum Areal zwischen Soccer-Halle und Tennishalle, auf das der Jahn ein 99-jähriges Erbpachtrecht besitzt und dieses gegebenenfalls auch veräußern könnte, gab die Vorstandschaft nicht ab.

Keine Kommentare