Der Schuhflüsterer im deutschen WM-Lager

22.6.2014, 10:00 Uhr
Der Schuhflüsterer im deutschen WM-Lager

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In den Wochen vor dem WM-Turnier ist es schier unmöglich, Christian Staatz am Handy oder per Mail zu erreichen. Zwischen dem Trainingslager in Österreich, dem letzten Testspiel in Mönchengladbach gegen Kamerun und dem Abflug nach Brasilien bekommen nur eine Handvoll enger Freunde via Facebook mit, wo sich der 34-jährige Oberfranke gerade aufhält oder was er so treibt. Sein Geld verdient er als sogenannter Asset-Manager bei Adidas, dem Ausrüster der Nationalmannschaft. Der Stellenbeschreibung nach ist der studierte Betriebswirt Ansprechpartner für Spieler, Trainer und Betreuer in sämtlichen Fragen betreffend der Produktpalette des Herzogenauracher Konzerns.

Prominenter Vorgänger

Als Nachfolger des legendären Manfred Drexler, ebenfalls ein Franke, in dessen Position er nach der EM 2012 und knapp acht Jahre nach seinem ersten Praktikum schlüpfen durfte, ist Staatz der viel gefragte Servicemann für alle Fälle: „Ich bin im ständigen Austausch mit den Spielern.“ Zwischen den Spielen ebenfalls im luxuriösen DFB-Quartier untergebracht, ist der 34-Jährige „rund um die Uhr“ im Dienst, hat am zweiten Morgen nach dem fulminanten Auftaktsieg gegen Portugal dann aber doch einige Minuten Zeit für ein Gespräch in die Heimat, ehe es zur nächsten Besprechung geht.

„Möchte ein Spieler eine bestimmte Außensohle oder Modifikation am Schuh, komme ich ins Spiel und organisiere das. Die Logistik ist bei dieser WM eine besondere Herausforderung, weil die Verkehrsinfrastruktur große Lücken hat“, erklärt Staatz. Zuständig ist er außerdem für die elektronischen Hilfsmittel, die Leistungsdaten der Akteure aufzeichnen. „Die neuen Chips befinden sich nicht mehr im Schuh, sondern in einer speziellen Unterwäsche. Hier in Brasilien kommt die Technik allerdings nur im Training zum Einsatz“, sagt Christian Staatz.

Der Schuhflüsterer im deutschen WM-Lager

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In seiner Funktion lernt der 34-Jährige die Stars aus nächster Nähe kennen: „Das ist ein Traumjob.“ Aus dem Nähkästchen plaudern darf Staatz, der bei der Frauen-WM 2011 seine berufliche Feuertaufe absolvierte, freilich nicht. Ohne Diskretion wäre es mit der engen vertraulichen Zusammenarbeit vorbei. In seiner Freizeit ist Christian Staatz, der mit 20 Jahren beim FC Schweinfurt in der Bayernliga debütierte, selber noch aktiv am Ball.

Ein Jahr nach dem Landesliga-Aufstieg mit der SpVgg Jahn Forchheim zog es den Defensiv-Allrounder mit Teamkollege Alexander Roth in die Kreisklasse zum SV Moggast, wo das zweiköpfige Spielertrainerduo im Jahr des 40. Vereinsjubiläums den Aufstieg in die Kreisliga feierte. Trotz der beruflichen Belastung kam Staatz auf 25 Einsätze und sieben Tore. Einen Teil der Vorbereitung auf die neue Saison könnte er nun verpassen, jedoch hätte sicher kaum jemand etwas dagegen einzuwenden: denn am 13. Juli findet das WM-Finale in Rio de Janeiro statt.

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