Derby-Dates oder langfristige Beziehung?

27.2.2015, 19:00 Uhr
Derby-Dates oder langfristige Beziehung?

© Edgar Pfrogner

Von gelebter Rivalität – wie es im Fußball gerne gepflegt wird – zwischen den beiden Forchheimer Klubs zu sprechen, wenn ihre Handballer auf dem Parkett gegeneinander antreten, wäre übertrieben. Die Trainer der Herrenmannschaften kennen und schätzen sich, haben selbst noch zusammengespielt. Die Spielerinnen und Spieler sind auf die gleiche Schule gegangen oder verkehren im selben Freundeskreis.

Brisant macht das Aufeinandertreffen dafür jene weitreichende Entscheidung, die zur Gründung des HC Forchheim im Jahr 2011 führte. Als der VfB nach dem Wirbel um die Schelsky-Affäre vor einem Scherbenhaufen und einer ungewissen Zukunft stand, wollte die Handball-Abteilung eigentlich gemeinsame Sache mit den Buckenhofenern machen. „Die Idee war, im gesamten Jugendbereich eine Spielgemeinschaft zu stellen“, erklärt Günter Lauterbach. Die Dinge hätten sich dann, bemüht sich der SVB-Abteilungsleiter um diplomatische Worte, „über Nacht anders entwickelt“. Plötzlich war von einer Fusion die Rede, bei der auch die Seniorenmannschaften betroffen gewesen wären. Mit Rücksicht auf Traditionalisten in den eigenen Reihen, so Lauterbach, vertrat er jedoch eine kleine Lösung. „Gegen getroffene Absprachen“, sagt Lauterbach, „und während ich nicht in der Stadt war, wurden mit der Gründung des HC vollendete Tatsachen geschaffen.“

Nachwirkungen bis heute

Nicht nur dass sich die SVBler übergangen fühlten, sie verloren zwischen drei und vier Dutzend Kinder, die in den neuen Verein wechselten. „Ich empfinde keine Berührungsängste oder Hass, aber diese Geschehnisse wirken im Verhältnis zu den Verantwortlichen nach“, beschreibt Lauterbach den Status quo. In den vergangenen Jahren wurde im Stadtteilverein mit Hingabe Aufbauarbeit geleistet. Mit stolz konnte der SV Buckenhofen zur Spielzeit 2014/2015 wieder eine männliche C-Jugend anmelden, erfreut sich erheblichem Zulauf bei den E- und D-Junioren.

Ein „weiter so“ genügt eigentlich dennoch nicht. Die große Generationslücke zwischen den heute 15-Jährigen und den Vollmannschaften lässt sich auf absehbare Zeit nur schwer schließen. „Wer weiß denn, wie viele von unseren Knaben später noch beim Handball bleiben“, fragt Lauterbach und zählt die allgemein bekannten Gegenspieler „Geburtenrückgang, Konkurrenz durch andere Sport- und Freizeitangebote und größerer zeitlicher Aufwand für den Bildungsweg“ auf. Schon jetzt kämpfen die zwei Damen- sowie Herrenmannschaften mit erheblichem Personalmangel. Die zukünftig ebenso quälende Suche nach Ehrenamtlichen erlebt gerade der gesamte Hauptverein, der sich deshalb im April eine neue Satzung geben will.

„Die Augen vor den Problemen zu verschließen, macht keinen Sinn und wäre nach über 30-jähriger Handballtradition im Verein fahrlässig“, gesteht Lauterbach und gelangt wieder zur Frage, ob das Tischtuch zwischen Buckenhofen und dem aus dem VfB hervorgegangenen HC für alle Zeiten zerschnitten sei. Seine Antwort: „In naher Zukunft sehe ich eine Übereinkunft nicht als realistisch an. Aber wenn in einigen Jahren auf beiden Seiten eine neue unvorbelastete Generation in der Verantwortung steht, sollte man wieder an einen Tisch kommen.“

Derby-Dates oder langfristige Beziehung?

© Edgar Pfrogner

Unabhängig davon, wie so eine Lösung neben dem Beitritt der SVB-Handballer in den HC formell noch aussehen könnte, sieht Lauterbach inhaltliche Differenzen. Beanspruchen zwar sowohl der SVB als auch der HC eine „familiäre Atmosphäre“ als Basis ihrer Nachwuchsförderung, arbeitet der HC mit seinen Jahrgangsmannschaften objektiv leistungsbezogener. Dahinter steckt der Plan, sich für junge Talente über die Landkreisgrenzen hinaus als attraktive Alternative zum HC Erlangen zu positionieren. „Deren Schatten legt sich doch schon in der D-Jugend über uns. Wenn die rufen, werden wir auch mit vereinten Kräften die Besten nicht halten können“, drückt Günter Lauterbach seine Skepsis aus.

Genug Platz für die Spieler

„Lohnt sich der Aufwand“, fragt der SVB-Abteilungsleiter genauso bei den Erwachsenen. Dabei hat Lauterbach nicht die Bedenken im Sinn, die im Jahr 2010 schon einmal aus dem Kreis der Buckenhofener Aktiven in Bezug auf eine Fusion geäußert wurden. Die Befürchtung, bei doppelter Spielermenge auf dem Abstellgleis zu landen, sei aufgrund zu erwartender altersbedingter Rücktritte weniger berechtigt. „Mein Punkt ist der, dass die sportliche Perspektive — ohne Gehälter zu zahlen — maximal die Landesliga bleiben wird. Und um hier zu bestehen, benötigt es für unsere Amateure schon enormen Trainingsaufwand, den vielleicht nicht jeder aufbringen will.“ Also sich doch, weiter wie gehabt, die kleine Forchheimer Rivalität bewahren und auf publikumsträchtige Derbys gegen Niederlindach und Herzogenaurach freuen? Ein riskantes Spiel, müssen die SVB-Männer wohl nächste Saison erst einmal wieder mit der Bezirksliga vorlieb nehmen.

Eine Frage des Drucks

„Es ist eine Sache des Leidensdrucks“, sagt Matthias Engel, Trainer beim HC Forchheim und zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, zu einer Fusion. Auch wenn der HC Erlangen mal mehr, mal weniger Spieler aus Forchheim oder Buckenhofen abwirbt: Groß genug ist der Leidensdruck noch nicht. Dem HC ist seine Unabhängigkeit als reiner Handballverein zu wichtig, um unter dem Dach des Großverein SV Buckenhofen mit der Handball-Abteilung zu verschmelzen.

„Wir verwalten uns selbst, sind so viel flexibler“, sagt Engel. So wären Projekte wie die integrative Handballgruppe oder HC International viel leichter zu stemmen. Außerdem könne man Kräfte bündeln und Kosten sparen. Man komme mit dem SVB auf sachlicher Ebene gut aus, aber solange man eben selbst gut zurecht komme, gebe es keinen Grund, auf die Buckenhofener zuzugehen. Damit scheint klar: Auf absehbare Zeit wird es wohl keine Fusion geben. Dafür aber möglicherweise noch einige Derbys.

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