Die Forchheimer VfB-Connection ist unterbrochen

17.11.2014, 19:12 Uhr
Die Forchheimer VfB-Connection ist unterbrochen

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Die Forchheimer VfB-Connection ist unterbrochen

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Es hatte Symbolkraft: ein traditionsreicher Sportverein, der im eigenen Sportheim keine Hauptversammlung abhalten kann, weil es nicht mehr bewirtschaftet ist. Als der Vorsitzende Franz Stumpf am vergangenen Donnerstag die Hauptversammlung 2013 (!) des VfB 1861 Forchheim im „Stadtlockal“ eröffnete, war schon im Vorfeld so viel schief gelaufen, dass der Unmut unter treuen Mitgliedern vorprogrammiert war. So war verschusselt worden, alle Mitglieder für die Ehrungen zu ermitteln. Seit vier Jahren war beim VfB nicht mehr geehrt worden. Also war manch altgedienter Sportler durchs Raster gefallen. Peinlich. „Kommunikationsprobleme“ habe es zwischen ihm und seinem Hauptkassier gegeben, meinte Stumpf entschuldigend. Der Kassier heißt Walter Mirschberger und ist in der Stadtverwaltung einer der engsten Vertrauten des OB.

Einer der Vergessenen war ausgerechnet Heinz Endres, seit 1963 im VfB, der aus Zorn gleich in der Versammlung aus dem Verein austrat. Gegenüber den NN bedauert Endres vier Tage später diesen Schritt: „Das war ein Schnellschuss von mir. Ich bin ja Mitglied beim VfB 1861 Forchheim und nicht beim Stumpf.“ Er habe schriftlich seinen Austritt zurückgenommen. Alle Ehrenämter jedoch legt er nieder.

Beobachter berichten übereinstimmend, dass nach dem „Schnellschuss“ für einen Moment schmutzige Wäsche gewaschen wurde. So hatte Stumpf Endres vorgehalten, dass er bei der Führung der Handballabteilung „kein glückliches Händchen“ gehabt habe. Über ihn habe er Schelsky kennen gelernt. Da war sie plötzlich wieder: Die unliebsame Affäre mit den Profi-Handballern, die in den Jahren 1999 bis 2007 für einen Höhenflug der VfB-Handballer gesorgt hatten — nur hatte der großzügige Sponsor Wilhelm Schelsky keine Steuern und Sozialabgaben abgeführt. Eine Summe von mehr als 500 000 Euro steht seither im Raum.

Stumpf, Endres und ein weiterer VfB-Funktionär standen in einem folgenden Gerichtsprozess vor dem Landgericht Nürnberg, wurden jedoch nicht verurteilt. Das Verfahren wurde eingestellt, auch weil unklar blieb, inwieweit die Vereinsspitze über das Gebaren des Groß-Sponsors informiert war. Stumpf hatte schließlich 20 000 Euro als Geldauflage zahlen müssen.

„Dreimal entschuldigt“

Drei Jahre später geraten also damalige Hauptbeteiligte scheinbar ohne Not aneinander. Vier Tage später gibt sich Stumpf gelassen, Verärgerung über den alten Kompagnon Endres ist gleichwohl zu spüren. „Einen Tag vorher“ habe der ihn schon auf die fehlende Ehrung angesprochen „und in der Hauptversammlung habe ich mich dreimal entschuldigt“. Stumpf sah es also als gezielten Affront, dass Endres vor versammelter Mannschaft dennoch das Wort ergriff und die Ehrung anmahnte.

Es könnte eine Posse bleiben, wäre da nicht die jahrzehntelange politische Partnerschaft von Stumpf und Endres. Unter dem Lokalpolitiker Endres galten die Freien Wähler im Stadtrat jahrelang als Mehrheitsbeschaffer der konservativen Politiklinie. 2007 führte diese Haltung zur Spaltung der Freien Wähler. Endres gründete daraufhin mit Gleichgesinnten den „Freien Bürgerblock Forchheim“, für den er als einer von zwei Stadträten weiterhin dem Gremium angehört. Und auch diese Gruppierung folgt gewöhnlich den Eingebungen von Stumpf und der CSU-Fraktion.

Dass Endres politisch nun keine rechte Lust mehr hat, seinem politischen Ziehvater („Franz Stumpf hat mich 1990 zur Politik gebracht“) zu folgen, zeigt eine Randnotiz aus der Stadtratssitzung Ende September. Hier hatte der FBF-Gründungsvater die „unwürdigen“ Umstände der Jubiläen der Städtepartnerschaften mit Rovereto und Le Perreux beklagt. Kurz: Bei beiden war der Stadtrat nicht als Gremium zu den Feierlichkeiten eingeladen gewesen. Er werde weiterhin seine „eigene Meinung im Stadtrat vertreten“, sagt Endres im NN-Gespräch.

In den letzten Wochen zeigte Stumpf öffentlich Nerven. Mal ließ er Bürger in Bürgerversammlungen barsch abblitzen, dann sprach er in Burk von „Brachialgewalt“, mit der Baugebiete auch mal durchgesetzt werden müssten. Das böse Wort will er heute als „Selbstkritik“ interpretiert wissen in dem Sinne, dass er „Baugebiete hartnäckiger vorantreiben muss“.

Weniger gewagt als sachlich kommentiert er Endres’ Rückzug vom Austritt: Über die Rücknahme müsse nun der Vorstand entscheiden. „Ich gehe aber davon aus, dass er das macht.“ Davon kann man ausgehen: Alle Stellvertreter sowie Hauptkassier Mirschberger sind städtische Mitarbeiter, OB Stumpf also ihr Chef. Nicht wenigen alten VfBlern bereitet diese Verquickung seit langem Unbehagen. Die Sorge: Stumpf agiert und handelt als Vereinsvorsitzender wie der Chef im Rathaus. Das Unbehagen gipfelt in dem hinter vorgehaltener Hand geäußerten Vorwurf, Stumpf sei gar kein „echter VfBler“ und habe sich nie recht um den Verein gesorgt.

Doch gerade jetzt steht der Traditionsverein vor seinen vielleicht letzten Jahren: Volleyball und Leichtathletik werden in Kooperation mit dem Jahn betrieben. Die Fußballabteilung gibt es nur noch auf dem Papier, die Handballer haben sich selbstständig gemacht, übrig bleiben Triathleten, Turner und die Judo-Abteilung. Seit neuestem gibt es zwar eine Basketball-Abteilung, doch die Zeichen stehen auf Fusion mit dem Erzrivalen Jahn.

Davon will Stumpf zwar offiziell noch nichts wissen („Steht nicht auf der Tagesordnung“). Doch der geplante Umzug des Jahn aufs VfB-Gelände wird die Fusion neu auf die Tagesordnung setzen.

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