Drei Jungs bringen den ruhigen Abend durcheinander

12.10.2014, 18:41 Uhr
Drei Jungs bringen den ruhigen Abend durcheinander

© Fotos: Roland Huber

Drei Jungs bringen den ruhigen Abend durcheinander

Beim ersten „Offenen Podium“ bleiben im Gegensatz zu sonst in den ersten Minuten sogar noch Stühle im Forchheimer Jungen Theater frei. Was wohl an einem zeitgleichen Konzert der JTF-Hausband „Jung, schön und freundlich“ im Gasthaus Schlößla liegt. Einige (literarisch) tote Menschen und drei (wirklich) quicklebendige junge Musiker füllen den Kulturkeller dann doch noch.

Als ehemaliger Kreisfachberater für Gartenbau hatte Ernst Deutsch (62) aus Forchheim auch mit der Gestaltung von Friedhöfen zu tun. Vielleicht hat er sich ja deshalb einen Gartenkrimi des Bamberger Autors Thomas Kastura ausgesucht. In „Fünf Leichen zu viel“ treibt ein von elektrischen Gartengeräten besessener Serienmörder sein Unwesen. Der Heckenschütze lässt nacheinander Gärtnermeister an einem in den Rachen gerammten Laubbläser ersticken, teilt sie mit einem Heckenschwert gerächt durch vier, überrollt wieder einen anderen mit einem Aufsitzrasenmäher, lässt Kettensägen sprechen und sorgt mit einem Häcksler für Puzzlearbeit der Spurensicherung. Ernst Deutsch macht aus der Kurzgeschichte ein regelrechtes Hörspiel — und man wünscht sich, er würde dieses zarte Pflänzchen weiter sprießen lassen. Wie auf Stichwort erblüht bei Eberhard Wilhelm (66) eine „Belle Fleur“ auf der Gitarre. Eine aus dem Tulpenland schlechthin, komponiert vom Niederländer Pieter van der Staak.

Ausflug nach Südamerika

Allerdings scheint sie ihre Wurzeln bis auf die Iberische Halbinsel auszustrecken. Einen ironischen Ausflug nach Südamerika unternimmt der frühere Leiter der Städtischen Musikschule sodann mit „Tango en Skai“. Den nachgemachten Tango („skai“ bedeutet soviel wie Kunstleder) hat der Franzose Roland Dyens in Paris als verrückte Parodie auf das Genre angelegt.

Erst ein Jahr gibt es „Silk & Pepper“, ein Quartett aus Forchheim und Heroldsbach, das Jazz- und Rock-Klassiker in eigene moderne Gewänder kleidet. Etwa das Gershwin-Wiegenlied „Summertime“, das zu später Stunde keinen der Zuhörer wirklich ruhen lässt, so lasziv und heißblütig geht es in den Südstaaten zu. Harry Rödel (Klavier), bekannt von „Insert Coin“ und den „Töchtern Forchheims“ und Ulrich Michel (Gitarre) sind für die pfeffrige Note zuständig. Christina Moser (Saxophon/Geige/Blockflöte) und Katrin Bierfelder sorgen für den seidenen Sound. Der kommt in Bill Withers herzschmerzender Ballade „Ain’t no sunshine“ ebenso zur Geltung, wie in einer gar nicht angestaubten „Dust in the Wind“-Adaption aus und von Kansas.

Mit eigenen zu Papier gebrachten Reflexionen „Mitten aus dem Leben“ steht NN-Mitarbeiter Patrick Schroll (25) aus Weilersbach erstmals im Rampenlicht. Leider hat der Geographie-Student sich dafür nicht seinen stärksten Text über eine überfüllte Straßenbahn ausgesucht, in der er seinen Beobachtungen und Gedanken nachhängt. Seine Stärke eher sind kurze, mit spitzer Feder verfasste Geschichten, die Touristen aus dem Westerwald die Walhalla auf dem Walberla suchen lassen.

„Variety Show“ überzeugt

Einer der Höhepunkte des Abends ist die in mehrfacher Hinsicht noch junge Band „Variety Show“. Einmal haben die drei Musiker sich erst im Sommer zusammengetan. Und dann besteht das Trio aus einem Noch-Schüler, einem Gerade-NichtMehr-Schüler und einem Wieder-Schüler (Auszubildenden). Kopf und Stimme der Formation ist Milan Lukaschek aus Forchheim, der sich in der Region mit „Five Star Valley“ einen Namen gemacht hat. Kurz nach seinem Abitur hat er sich nun voll auf das Komponieren gestürzt und seinen Kollegen Paul Schütz aus Hetzles (Schlagzeug) und Nick Urbaszek aus Heroldsbach (Bass) ungestümen Blues-Rock in die Saiten und Sticks geschrieben.

Hervorgegangen aus der Bigband des Ehrenbürg-Gymnasiums lassen sich die drei Jungs, die um Funk und Psychedelic Rock keinen allzu großen Bogen machen, in ihrem jugendlichen Leichtsinn zu waghalsigem Sound hinreißen. Led Zeppelin kommt einem in den Sinn, und zuweilen geht beim Solieren Milan Lukaschek dessen innerer Jimi Hendrix durch. Bleibt zu hoffen, dass der Nachwuchsband das Schicksal anderer Gruppen möglichst lange erspart bleibt, dass Studium und Beruf die Proben und Auftritte unmöglich machen. Es wäre sehr schade.

Wer den Gartenkrimi lesen möchte: im Internet unter www.bayerns-ureinwohner.de/downloads/blaettern-lesen.html. Das nächste Offene Podium ist am 29. November um 20 Uhr.

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