Ebermannstadt: Landwirt hat Rehkitz leiden lassen

12.10.2018, 12:50 Uhr
Ebermannstadt: Landwirt hat Rehkitz leiden lassen

© Matthias Balk (dpa)

Von den scharfen Klingen von Mähmaschinen werden Rehkitze immer wieder aufgeschlitzt, verstümmelt oder regelrecht zerhackt. So beschreibt Edmund Haferbeck von Peta das Schicksal von Jungtieren. Auch einem Rehkitz in Ebermannstadt ist das passiert. "Es ist allgemein bekannt, dass Tierkinder nicht schnell genug fliehen können", sagt Haferbeck und prangert an: "Wer keine ausreichenden Schutzmaßnahmen vor und während der Mahd trifft, nimmt den Tod der Tiere wissentlich in Kauf - und dies ist strafbar."

Ein Augenzeuge habe den Vorfall auf einer Weide bei Ebermannstadt im Mai beobachtet und Peta informiert. Die Organisation hat bei der Staatsanwaltschaft Bamberg Anzeige erstattet. Der Vorwurf: Der Landwirt hat gegen das Tierschutz- sowie Naturschutzgesetz verstoßen.

"Das ist dann alles tot"

Landwirte sind gehalten, den zuständigen Jäger über eine bevorstehende Mahd zu informieren, damit dieser entsprechende Vorkehrungen treffen kann. Dennoch würden in Deutschland jährlich etwa 100.000 Rehe durch Mähmaschinenarbeiten schwer verletzt oder getötet, so Peta.

"Das ist ein riesiges Problem, auch bei uns vor Ort", sagt Jäger Roland Kraus aus Gosberg (Landkreis Forchheim). In seinem Revier rund um die Ortschaft Wiesenthau stehe er im engen Kontakt mit Landwirten. Einen Tag vor einer geplanten Mahd streift Kraus mit seinem Hund durch die zu mähende Wiese, um die Mutterrehe aufzuschrecken. Die suchten daraufhin ein neues Versteck für ihren Nachwuchs. Doch nicht nur Rehkitze geraten unter die Messer der oft meterlangen Mähbalken. "Da ist dann alles tot", sagt Kraus.

Folgenschwerer Instinkt

Rebhühner, Fasane, Lerchen oder Hasen fallen immer wieder den scharfen Klingen zum Opfer. Die Tiere ließen sich auch mit blauen Folien, befestigt an Stecken im Feld, warnen. "Blau ist die Warnfarbe in der Natur. Die Folie raschelt und vertreibt die Tiere", so Kraus. Auch gebe es eine Art Hupe, die sich an landwirtschaftlichen Maschinen befestigen lasse. "Ihr heller, schriller Ton im hochfrequenten Bereich führe dazu, dass das Wild die Gefahr erkennt." Tut es das nicht, führt der sogenannte „Drückinstinkt“ der Jungtiere dazu, dass Rehkitze meist bewegungslos auf dem Boden verharren und auf ihre Tarnung vertrauen, statt zu fliehen.

Der Jäger sieht auch die Industrie in der Pflicht, Mähgeräte standardmäßig mit entsprechenden Warnsystemen auszustatten. Eine Warnhupe koste rund 200 Euro. "Bei bis zu 60.000 Euro, die eine große Mähmaschine kostet, sollte das nicht ins Gewicht fallen."

Staatsanwaltschaft stellt Verfahren ein

Die Staatsanwaltschaft Bamberg stellte bei ihrem Ermittlungsverfahren gegen den Landwirt fest, dass die Wahrscheinlichkeit auf der betroffenen Wiese "besonders hoch ist", dass sich die Tiere im tiefen Gras verstecken und vor den Maschinen nicht fliehen. "Dieses Risiko war dem Beschuldigten ebenso bekannt wie die Gepflogenheit bei Landwirten, dem Jagdpächter rechtzeitig vor der Mahd Bescheid zu geben." Zwei seiner Angestellten führten die Mäharbeiten durch.

Ein Rehkitz ist dabei schwer verletzt worden. Seine vier Beine wurden auf Höhe der Kniegelenke abgetrennt, die Bauchdecke war geöffnet, so die Staatsanwaltschaft. Erst der Augenzeuge kümmerte sich darum, einen Jagdaufseher zu holen, der das Tier mehrere Minuten nach der Verletzung erlöste.

Der Verstoß des Landwirts gegen das Tierschutzgesetz bleibt folgenlos. Die Staatsanwaltschaft begründet die Einstellung des Verfahrens damit, dass ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung "noch nicht gegeben" sei. Ferner sei der Beschuldigte nicht vorbestraft. Im Wiederholungsfall drohe jedoch eine "gegebenenfalls empfindliche Strafe".

Edmund Haferbeck von Peta will gegen die Einstellung des Verfahrens Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft einlegen.