Ebermannstadt lief sehenden Auges in die Schuldenfalle

14.3.2017, 19:12 Uhr

Der Überblick über die wichtigsten Investitionen könnte detaillierter und aus erster Hand kommentiert sein. Doch Ex-Stadtchef Franz Josef Kraus ist nicht zu einem Gespräch mit den Nordbayerischen Nachrichten bereit. Er betrachtet unsere Berichterstattung seit 2015 als "tendenziös" und liest unsere Zeitung nicht mehr, "um mir Ihre ,Kommentare und Meinungen‘ zu ersparen", wie er als Antwort auf unsere Bitte um Stellungnahme schreibt.

Bei seinem Abschied Anfang Mai 2014 sagte Kraus, während seiner Amtszeit seien 89 Millionen Euro in die Infrastruktur der Stadt mit ihren Ortsteilen geflossen. Von der Altstadtsanierung in Ebermannstadt, der Sanierung der Grund- und Mittelschule, der Dorferneuerung in fast allen Gemeindeteilen und der Anlegung des Friedwaldes bis zum Umbau des Heimatmuseums. In derselben Zeit, so Kraus damals, seien die Schulden nur um 8,2 Millionen Euro gestiegen. Die Stadt könne bei einer Tilgung von einer Million Euro pro Jahr in zwölf Jahren schuldenfrei sein, so Kraus im Mai 2014. Woher Ebermannstadt das Geld hätte nehmen sollen, sagte er aber nicht.

In der Jahresschlusssitzung von 2012, während des kulinarischen Teils, das ist im NN-Archiv nachzulesen, setzte sich Kraus mit dem schon damals oft gehörten Vorwurf hoher Schulden auseinander. Er empfahl, frei nach Monty Python ("Schau immer auf die helle Seite des Lebens") sich ins Gedächtnis zu rufen, "dass wir viel geschaffen haben" in diesem Jahr: Kläranlage saniert, Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen, Dorferneuerung Wolkenstein abgeschlossen, Kinderkrippe Zwergenland mitfinanziert, Discoruine Moggast erworben, Lastnerhaus saniert und die eine Million Euro teure Kanalisation Eschlipp begonnen. All diese Investitionen waren durch höhere Schulden erkauft worden, wie bei der Juli-Sitzung 2012 deutlich geworden war. Bei der Beratung des Haushaltsplans musste Kraus die "eindringliche Mahnung des Landratsamtes" vortragen, "die finanzielle Situation zu verbessern".

Für 2012 würden keine Darlehen mehr genehmigt. Die geplante Pro-Kopf-Verschuldung von 3342 Euro erreiche das Vierfache des bayerischen Durchschnitts, allein der Schuldendienst (Zins und Tilgung) koste die Stadt jährlich eine Million Euro. Daher seien ab 2013 "neben den normalen Tilgungen auch noch Sondertilgungen von 200 000 bis 250 000 Euro" zu leisten. Die Ausgaben müssen "zwingend" reduziert, die Einnahmen verbessert werden. Der damalige Sachbearbeiter im Landratsamt stellte klar: Im Prinzip hätte die Stadt rechtzeitig, zum Beispiel vor der Altstadtsanierung, eine Straßenausbaubeitragssatzung erlassen müssen, um die anfallenden Kosten dann auf die Anwohner umzulegen: "Aber das wollte der Stadtrat damals nicht."

Mitte 2012 musste die Stadt noch 6,24 Millionen Euro für die Schulsanierung zurückzahlen, fürs Rathaus 1,38 Millionen und für die Photovoltaikanlage Eschlipp 1,22 Millionen. Der Beamte sagte damals auf die Frage, wie die Stadt die 22 Millionen Miesen jemals abbauen soll: Das werde viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. Jetzt habe Schuldentilgung und die Zahlung von Sondertilgungen "absolute Priorität". Einen Spielraum für nicht dringend notwendige Investitionen gebe es praktisch nicht mehr.

Schon der Haushalt 2012 war mit einem "Kunstgriff" finanziert worden, wie die NN berichteten: über einen genehmigungsfreien "Kassenkredit" in Höhe von 1,61 Millionen Euro (siehe Artikel oben). Im Februar 2012 räumte Kraus ein, schon seit 2010 einen "Sollfehlbetrag" von 1,42 Millionen mitgeschleppt zu haben: Entstanden sei diese Summe aus Mindereinnahmen bei Steuern und Grundstücksverkäufen sowie durch Mehrausgaben bei Dorferneuerung, Altstadtsanierung und einer Vielzahl kleinerer Ausgaben. Gedeckt werden könne der Betrag nur mit dem Mittel des Kassenkredits. Kämmerer Berthold Polster deutete an, dass die Stadt allenfalls noch an den freiwilligen Leistungen sparen könne. Genauer wurde er nicht.

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