Egersdörfer schockt Forchheim mit Sado-Maso-Show

16.1.2017, 06:00 Uhr
Egersdörfer schockt Forchheim mit Sado-Maso-Show

© Foto: Udo Güldner

„Was lachen Sie denn so blöd? Das hat doch nichts mit Unterhaltung zu tun.“ Um es vorweg zu sagen: Lustig war die zweieinhalbstündige Sado-Maso-Show nicht eine Minute. Dafür sorgte schon Matthias Egersdörfer, der den cholerischen Kleinbürger so authentisch spielte, dass es einem beim Zusehen schlecht wurde.

Dabei wechselte er zwischen hemmungslosen Schreikrämpfen und einem aufgesetzten Lachen, das vor Verachtung und Gehässigkeit triefte. Es verging kaum ein Satz, in dem sich der lautstarke Prolet, der sich selbst als „Mann von Format“ schilderte, nicht an allem verging, was als zivilisiert gelten darf.

Orgie des Hasses

Kein Vorurteil, keine Verschwörungstheorie, kein bösartiges Geschwätz durfte in der Orgie des Hasses fehlen. Nachdem sich Matthias Egersdörfer in seinen früheren Programmen mit seinen gepflegten Beleidigungen ganz dem Publikum zugewandt hatte, hatte er sich nun neue Ziele seines berüchtigten Verbalsadismus ausgesucht.

Auf der einen Seite seine devote Partnerin Carmen, die hauptsächlich herumstand, traurig schaute und nur Stichworte lieferte, die ihre wortreiche Hinrichtung vorantrieben.

Ständig kommandierte er, der personifizierte kleine Mann, Carmen herum, blaffte sie an, verletzte und erniedrigte sie. Er redete ihr eine Schwangerschaft ein und trieb ihr das Kind wieder aus — ein menschenverachtender Exorzismus und wie das gesamte Programm eine tieftraurige Geschichte.

Egersdörfers alter ego hatte an derlei Exzessen sichtlich seine Freude. Auf der anderen Seite sein Nachbar René, dem Egersdörfer als Zeremonienmeister der Zumutung das debile Dauergrinsen ins Gesicht und das tuntige Timbre in die Stimmbänder gefräst hatte.

Minutenlang führte er den ahnungslos neben ihm Stehenden vor. Dabei blieb in dem manischen Monolog, der sich als Gespräch tarnte, kein Klischee unerwähnt. Als Schwuler arbeitet der stets korrekt gekleidete René natürlich in einer Herren-Boutique, und wohnt — welch’ grandiose Pointe — im Hinterhaus. Und natürlich hat er in den Augen des Ignoranten Aids und vergeht sich an kleinen Kindern, neben allerlei Getier.

Die Homosexuellen waren nicht die einzige Minderheit, der die vollbärtige Wutbürger-Karikatur mit dem blutroten Hemd heimleuchtete. „Assi-Fratzen“ warf er vor, „einen Balg nach dem anderen herauszuballern“. Flüchtlinge nähmen mit ihren „Köfte-Fingern“ anderen das Leberwurstbrot weg. Schwangere Frauen bezeichnete er als „aufgequollen“ und riet ihnen, ihren „Drecksbalg vom Kfz-Mechaniker herauskärchern“ zu lassen.

Obsession des Ekels

Von seinen rustikalen Rundumschlägen gegen Türken, Depressive, Transvestiten und Farbige ganz zu schweigen. Über die Obsession des Ekels erster Klasse für Körpersäfte hätte man glatt einen eigenen Artikel schreiben können, wie auch über die sexualisierte Sprache, in der die zahlreichen F-Vokabeln noch das geringste Fremdschämpotenzial aufwiesen.

Mit unbarmherziger Konsequenz führte Egersdörfer seinen Zuhörern vor Augen, wie eine Diktatur funktioniert. Auf offener Bühne wurde die Menschenwürde planvoll mit Plattfüßen getreten. Die Opfer der Demütigungen ließen es sich klaglos gefallen.

Das Publikum, selbst immer wieder im Fadenkreuz des Unflats, lachte oder schwieg. Nur wenige wagten den Protest und flüchteten. Die meisten waren wohl froh, dass es nicht sie traf, sondern andere. Das könnte beim nächsten Mal schon anders sein.

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