Ehrenamtlich im Landkreis - wenn der Chef es erlaubt

7.4.2018, 08:00 Uhr
Ehrenamtlicher Dienst: Rettungskräfte des ASB waren im letzten Jahr sofort zur Stelle als Dämpfe aus einem Backofen im Rewe-Markt am Paradeplatz bei neun Supermarkt-Mitarbeitern Schwindel und Übelkeit auslösten.

© Roland Huber Ehrenamtlicher Dienst: Rettungskräfte des ASB waren im letzten Jahr sofort zur Stelle als Dämpfe aus einem Backofen im Rewe-Markt am Paradeplatz bei neun Supermarkt-Mitarbeitern Schwindel und Übelkeit auslösten.

Sorgen? So beschreibt es Birgit Kastura nicht direkt. Doch die Bereitschaft von Arbeitgebern, Ehrenamtliche für Fortbildungen freizustellen, sagt die Kreisgeschäftsführerin des BRK Forchheim, „ist sehr stark zurückgegangen“. Immer mehr ehrenamtlich Tätige verschweigen ihrem Arbeitgeber lieber, sich anderswo in der Freizeit für andere Menschen einzusetzen. Und das, obwohl das Ehrenamt doch eigentlich eine ehrenwerte Sache ist?

Stefan Schick stimmt dem zu. Der Forchheimer FDP-Stadtrat ist Vorsitzender des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Forchheim. „Auch wir haben viele Arbeitnehmer, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren.“ Vielen von ihnen unter anderem bei den Feuerwehren in Stadt und Land. „Für uns ist es selbstverständlich“, sagt Schick, „dass wir ihnen für Fortbildungen freigeben.“

Bayern würdigt den Einsatz seiner Ehrenamtlichen auf unterschiedliche Art und Weise. So haben bisher fast alle Landkreise und kreisfreien Städte im Freistaat die Ehrenamtskarte eingeführt — ein „Dankeschön an die besonders engagierten Bürger“, wie es auf der Internetseite des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales heißt.

Ein Gesetz stößt sauer auf

Im März wollte die Staatsregierung mit einem Gesetz nachlegen. Retter sollen damit künftig leichter während ihrer Arbeitszeit freigestellt werden, um an Fortbildungen teilzunehmen. Dem Arbeitgeber erstattet das Innenministerium den Ausfall seines Mitarbeiters, sofern er an einer Fortbildungsveranstaltung teilnimmt, die vom Ministerium anerkannt ist. Das ist nur ein Punkt, der der Opposition im Landtag sauer aufstößt. Denn nicht der Staat solle darüber entscheiden, welche Fortbildung lohnenswert ist.

Kritik richtet sich auch dagegen, dass es für Rettungshelfer keinen gesetzlichen Freistellungsanspruch für die Teilnahme an Fortbildungen gibt. Soll heißen: Es bleibt bei einer freiwilligen Entscheidung des Chefs, ob er seinem Mitarbeiter für die Zeit eines Seminars frei gibt. „Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ein Arbeitnehmer, der ehrenamtlich der Allgemeinheit dient, zum Bittsteller werden muss.“ Das schreibt jedenfalls Harry Scheuenstuhl, SPD-Landtagsabgeordneter und Mitglied im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport in einem Brief.

Weniger problematisch sieht das allerdings Christian Wilfling, Ortsbeauftragter des THW Forchheim. „Es ist immer ein miteinander. Ein Geben und Nehmen“, beschreibt er das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die in ihrer Freizeit Menschen aus unwegsamen Gelände bergen oder bei Wetterkapriolen dafür sorgen, dass die Straßen frei von umgestürzten Bäumen oder Wasser werden.

Probleme will Wilfling nicht verschweigen. „Gerade bei kleinen Betrieben ist es meist problematisch. Die können einen Mitarbeiter nicht zu jeder Zeit freistellen.“ Auch der finanzielle Ersatz bringe in manchen Fällen wenig. „Was in der heiße Phase eines Projektes für den Chef zählt, ist die Arbeitskraft.“ Dann sucht das THW nach Lösungen „und anderen Terminen für die Fortbildung“. Einen festen gesetzlichen Anspruch auf eine Freistellung sieht Wilfing deshalb kritisch. Die Geduld der Arbeitgeber könne schnell ausgereizt sein.

Dass es auf den Einzelfall ankommt, sagt auch Kastura vom BRK. Für ehrenamtliche Besuchsdienste im Altenheim reichten in der Regel kurze Basisschulungen, in denen es darum geht, den Umgang mit einem Rollstuhl zu lernen.

Im Gegensatz dazu verlangt der Einsatz als ehrenamtlicher Rettungssanitäter mehr Spezial- und Detailwissen. Dann sind Lehrgänge über mehrere Wochen und Praktika auf Wachen und in Kliniken notwendig. Doch auch dafür gibt es Lösungen, sagt Kastura: „Um die Qualifikation zu erlangen, müssen die Leute Urlaub nehmen.“

 

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