Ein bisschen wie Ronja Räubertochter leben

13.8.2014, 06:00 Uhr
Ein bisschen wie Ronja Räubertochter leben

© Foto: privat

Ein paar Kiefern sind gefällt worden, recht viel mehr weist auf den ersten Blick noch nicht darauf hin, dass hier in wenigen Wochen zehn Kinder plus Erzieher ihre Vormittage verbringen werden. Ein unscheinbares Stück Wald, ein paar Holzpflöcke lehnen an einem Stamm, weiter hinten sind Äste kreisförmig aufeinandergestapelt worden. Lisa Sandner hat einen ganz anderen Blick auf das Areal. Vor ihren Augen liegt ein idealer Kindergarten.

Die Holzpflöcke könnten als Hocker für die Kinder dienen, oder als Rumpf für ein Pferd, vielleicht auch irgendwann einmal ein Segelschiff werden oder ein Marterpfahl. Je nachdem was die Phantasie der Kinder daraus machen wird. „Das fördert ungemein die Kreativität und auch die Sprachkompetenz, denn wenn ich den anderen nicht sage, dass der Klotz gerade ein Pferd ist, dann können die nicht mitspielen“, erklärt die 24-Jährige. Die Natur wird zum Zuhause: Der Aststapel ist der Anfang eines Waldsofas. „Da kann man sich draufsetzen, aber auch anlehnen, sehr bequem“, erzählt die 24-Jährige.

Sandner hat Pädagogik studiert, wohnt in Gräfenberg, und wird den Waldkindergarten in Forchheim leiten. Zehn „Waldstrolche“ haben sich bislang angemeldet. Bis zu 20 Kinder stark soll die Gruppe einmal werden. Die Strolche sind ein Ableger des Walkindergartens in Wiesenttal. In Streitberg wird das Konzept bereits seit 1997 in die Tat umgesetzt, auch in Erlangen gibt es mehrere Waldkindergärten. Die Idee stammt aus Skandinavien und ist über 60 Jahre alt. Trotzdem können sich viele nicht vorstellen, wie so ein Kinderalltag im Wald aussehen soll.

Als es im Forchheimer Stadtrat darum ging, die Einrichtung anzuerkennen, damit auch die Fördergelder fließen, wollten manche dem Verein unbedingt ein Toilettenhaus und Waschbecken aufdrängen. Dabei wird der Waldkindergarten meist als Kindergarten ohne Dach und Wände bezeichnet. „Wir haben hier ein abgegrenztes Stück Wald, da gehen die Kinder hin, wenn sie müssen, und danach wird das Geschäft vergraben.“ Die Hände waschen sich die Kinder mit Lava-Erde und Wasser aus einem Fass, das die Eltern regelmäßig wieder auffüllen.

Selbst mit Hand anlegen

Seine Kinder im Wald betreuen zu lassen, bedeutet auch, selbst mit Hand anzulegen. Zu den Aufgaben gehört es nicht nur, das Waschwasser aufzufüllen, auch die Versorgung mit Tee und der Putzdienst stehen auf dem Plan. Geputzt wird im Haus, das aber erst noch gebaut werden muss.

Zunächst sollte es einen Bauwagen als Unterschlupf für allzu schlechtes Wetter geben, der aber war zu teuer (zirka 30 000 Euro). Jetzt haben die Eltern und der Verein Waldkindergarten Wiesenttal beschlossen, eine Holzhütte mit Veranda (ohne Toilette) zu bauen. „Die Initiative kam auch von den Eltern“, sagt Sandner und freut sich über das Engagement. Von der Stadt wird es 15 000 Euro Zuschuss geben.

Die Hütte wird wohl erst im Lauf der nächsten Monate gebaut werden. Das passt zum Konzept. Statt mit fertig gekauftem Spielzeug zu spielen, sollen die Kinder aus dem, was der Wald bietet zusammenbasteln was ihnen gefällt. Später wird es umgestaltet, schließlich zerfällt es wieder und vergeht. Bis die Hütte steht, kann der Verein das Häuschen der Dorfgemeinschaft nutzen. „Wir werden hier sehr freundlich aufgenommen.“ Die Tage gehen aber nicht nur in „Ronja-Räubertochter“-Manier ins Land, neben der Freispielzeit gibt es auch gezielte Lernprojekte, wobei die Mädchen und Jungs auch mit ganz konventionellen Materialien arbeiten. „Wir malen und wir schneiden mit der Schere“, erklärt Sandner. Auch die Vorschule komme nicht zu kurz im Wald.

Los geht es in Serlbach ab 7.45 Uhr. Den Vormittag über wird sich auf den Weg gemacht. Um 12.45 Uhr endet für die ersten die Betreuung, um 14.15 Uhr ist der Wald wieder für Reh und Fuchs reserviert.

Eltern können ihre Kinder noch anmelden, Telefon (0 91 92) 2 16 51 36 oder leitung@forchheimer-waldstrolche.de

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