„Eine Brücke über schwierige Zeiten“

12.9.2014, 07:00 Uhr
Leih-Omi gesucht: Die junge alleinerziehende Mutter Josephine S. könnte manchmal Unterstützung brauchen.

© Stefanie Hattel Leih-Omi gesucht: Die junge alleinerziehende Mutter Josephine S. könnte manchmal Unterstützung brauchen.

Josephine S. wollte immer schon jung Mutter werden, und tatsächlich: Mit Mitte 20 ist sie Mutter zweier Söhne, zwei Jahre und acht Monate alt. Mit den Vätern der beiden hat es dagegen nicht geklappt. „Nur wegen der Kinder zusammenbleiben? Das wollte ich nicht“, sagt sie selbstbewusst und biegt mit dem Zwillingswagen in den Spielplatz ein.

Mit dem Vater des Älteren pflegt S. dennoch Kontakt. Zwei Mal die Woche nimmt er den Sohn zu sich. Auch die Großeltern kümmern sich. Der kleine Bruder aber hat bis auf die Mama bisher niemanden. Sein Vater wollte keine Verantwortung. „Ich wünschte, der Kleine hätte auch eine zweite Bezugsperson“, sagt S.. „Am liebsten wäre mir eine Leih-Omi, die einmal die Woche auf ihn aufpasst oder mit ihm spazieren geht. Einfach, damit er neben seinem Bruder nicht zu kurz kommt.“

Wenn die Familie fehlt

Ein Babysitter komme für sie als Alleinerziehende nicht in Frage, schon finanziell nicht, sagt sie und steigt mit ihren Jungs ins Karussell. In ihrem Umfeld herumfragen, ist ebenfalls schwierig. Als Zugezogene fehlt ihr der familiäre Background.

Das Netzwerk für Mütter wie sie haben andere gestrickt. In Forchheim geht die Initiative der ehrenamtlichen Familienpaten auf die SPD zurück. Monika Streit brachte die Idee 2009 aus Erlangen mit, heute vermittelt sie Familienmitglieder auf Zeit im Auftrag der Awo und der Ehrenamtsinitiative des Bürgerzentrums Mehrgenerationenhaus, in enger Anbindung ans Fachpersonal und Sozialpädagogin Katja Franz.

Inzwischen hat sich der Freistaat der Sache angenommen. Netzwerk Familienpaten Bayern heißt die Dachorganisation in Trägerschaft des Bayerischen Sozialministeriums, das sich an vielen Standorten etabliert hat. Forchheim ist neu dazugekommen.

Träger vor Ort ist der Caritasverband. Hier knüpft Isabel Reckmann den Kontakt zu Ehrenamtlichen, die ein bis zwei Stunden pro Woche für den Nachwuchs da sind. Wie genau sie sich in die Familie einbringen, klären Eltern und Pate untereinander. Das Netzwerk stellt nur eine Bedingung: Die Paten müssen sich zertifizieren lassen, in einer sechstägigen Schulung.

„Familien haben es schwer in unserer Gesellschaft“, sagt Isabel Reckmann, Projektkoordinatorin des Standorts Forchheim. Großeltern und andere Verwandte leben oft weit entfernt, Partnerschaften enden, Familie und Beruf sind immer noch schwer vereinbar und der finanzielle Rahmen ist meist eng gesteckt. Reckmann ist Sozialpädagogin bei der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung im Caritasverband Forchheim und coacht die Paten. Sie betont: „Es geht hier nicht um innerfamiliäre Krisen, sondern darum, Übergangsphasen mit zu überbrücken.“ Wenn das zweite Kind unterwegs ist und das Ältere droht, zu kurz zu kommen, zum Beispiel. Wenn die Mutter freie Energien für eine berufliche Umschulung braucht und das Kind in der Schule schlechter wird. Oder wenn die Eltern auseinandergehen und die Kinder in der Schusslinie stehen.

Josephine S. kennt Reckmann aus dem Elterncafé. S. sei, wie die meisten anderen Eltern, keine, die in die Klientel des Jugendamts fallen würde. Die Eltern des Netzwerks seien keine Problemfälle. Ihre einzige Schwierigkeit liege darin, dass die Familie weit verstreut oder nicht mehr miteinander in Kontakt ist.

Ehrenamtliche zu finden, sei dennoch nicht leicht, sagt Awo-Geschäftsführerin Lisa Hoffmann. Sie beobachtet eine gewisse Scheu, in die Familien zu gehen. Für Ehrenämter, die „weniger nah am Menschen“ seien, wie den Bücherbasar, finde man leichter Freiwillige. Auch die Awo sucht ab Herbst deshalb neue Interessenten.

Reckmann, die selbst alleinerziehend war, beruhigt: „Auch in so genannten intakten Familien kann vieles schief gehen. Und in nicht intakten vieles glücken.“ Ein Beispiel dafür ist Josephine S.. Aufgewachsen in den neuen Bundesländern, war sie selbst Krippenkind und hatte früh Bezugspersonen außerhalb der Familie. „Ich bin schnell selbstständig geworden“, sagt sie. Ihr Zweijähriger macht es ihr schon nach: Selbstsicher und ohne Mamas Hilfe klettert er die Hängeleiter hoch.

Der neue Ausbildungskurs zum Familienpaten startet Ende Oktober. Interessenten wenden sich an Isabel Reckmann, Telefon (0 91 91) 70 72 40 oder isabel.reckmann@caritas-forchheim.de; weitere Infos unter www.familienpaten-bayern.de

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