Ersatzverkehr in Forchheim? "Ich verstehe nur Bahnhof"

24.8.2017, 04:00 Uhr
Ersatzverkehr in Forchheim?

© Ralf Rödel

"Das ist ein Saustall!" Monika Thomas hält mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg. "Überall Baustellen, auch schon vor der jetzigen Vollsperrung." Die 77-jährige Forchheimerin fährt seit zehn Jahren alle acht Tage nach Nürnberg, weil sich da das Grab ihres Mannes befindet, sie gießt dort die Blumen, hält es in Schuss. "Man muss fast immer warten, mal auf den Zug, mal auf die S-Bahn, jetzt auf den Bus", so Thomas. "Wer weiß, wann der in Nürnberg ankommt, wie oft ich umsteigen muss, geschweige denn, wann ich endlich am Südfriedhof bin."

Um 11.05 Uhr rollt der Bus an. Die 77-Jährige rechnet aus, dass sie erst gegen 14 Uhr am Friedhof in Nürnberg ankommt. "Und dann muss ich ja wieder zurück nach Forchheim. Hoffentlich geben sie einem Bescheid, wie man wieder zurückkommt." Thomas blicke in letzter Zeit bei der Bahn einfach nicht mehr durch, sagt sie. Sie hat keinen Führerschein, ist also auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. "Und ich kann nicht dauernd meine Kinder und Enkelkinder darum bitten, mich zu fahren, die sind berufstätig." Das stört sie am meisten: "Diese Machtlosigkeit, weil man von der Bahn abhängig ist."

Neben ihr steht ein junger Mann aus Forchheim, der in Nürnberg arbeitet. "Die Deutsche Bahn halt, das kennt man ja nicht anders", sagt der 27-Jährige in einem ironisch-fatalistischen Tonfall. Aus medizinischen Gründen darf er nicht Autofahren, "darum bin ich auf die Bahn angewiesen". Jetzt wiederum auf Busse angewiesen zu sein, bedeutet, dass sich jobmäßig sein Zeitplan verschiebt. "Ich fange gezwungenermaßen später mit der Arbeit an, in Absprache mit meinem Chef. Geht halt nicht anders."

Axel Korinth wiederum arbeitet in Erlangen, durch den Schienenersatzverkehr muss er nun eine halbe Stunde früher aufstehen. "Mein Stress hält sich also in Grenzen." Der 32-jährige Forchheimer könne zwar nachvollziehen, dass viele Menschen "not amused" sind über die jetzige Situation, ist aber froh, dass überhaupt ein Ersatz-Angebot zu Verfügung steht. "Letzte Woche war es schlimm, als zwischen Forchheim und Erlangen oft einfach gar nichts mehr ging", erzählt Korinth. "Da wurden uns mal Taxis versprochen und als ein Taxi-Fahrer herkam, verlangte der 20 Euro für die Fahrt."

Unübersichtliche Situation

An der Ersatzfahrplan-Schautafel neben den heruntergefahrenen Ticket-Automaten steht ein etwas verloren wirkender Herr, die Stirn in Falten gelegt. "Ich warte auf meine Frau, die heute mit dem Flugzeug in Nürnberg landet." Aus dem Fahrplan wird er allerdings nicht schlau. "Ich schaue drauf und verstehe leider nur Bahnhof", meint er und lacht. "Weder ich, noch sie können herausfinden, welchen Zug oder Bus sie nehmen muss oder wo sie umsteigen muss, ob Fürth oder Erlangen." Einen Mitarbeiter fragen? Kann er auch nicht – denn der Info-Schalter im Bahnhofsgebäude ist geschlossen. "Es wird das Beste sein, wenn sich meine Frau ein Taxis leistet", sagt er kurzerhand und zieht von dannen.

Ersatzverkehr in Forchheim?

© Ralf Rödel

Aus dem Bahnhofsinneren treten zwei Schüler auf den Bahnsteig. Der 17-jährige Janik blickt erst hoffnungsvoll auf die Ticket-Automaten – und schließlich, als dort nur dunkle Bildschirmflächen sichtbar sind, fragend auf seine 16-jährige Freundin Stefanie. Sie wollen nach Kersbach und versuchen gerade, Fahrkarten zu kaufen. "Aber das klappt nicht", sagt Stefanie. "Der Schalter ist geschlossen, die Automaten sind aus." Dann gibt es die Tickets eben erst direkt beim Busfahrer? "Naja", winkt Janik ab, "neulich bin ich mit dem Schienenersatzverkehr gefahren und da sagte mir der Busfahrer, ich hätte mir die Karte schon vorher kaufen müssen."

Alles sei hier zurzeit sehr unklar, ziemlich chaotisch, meinen die Forchheimer Gymnasiasten. Immerhin haben sie momentan Sommerferien, "wir Schüler sind nicht allzu hart von der Vollsperrung betroffen", finden die Beiden. "Man muss sich halt fügen", sagt Janik. "Es bleibt einem ja auch nix anderes übrig."

Für zusätzlichen Ärger sorgte die Bahnbaustelle bei den Kunden des Telekommunikationsunternehmens Vodafone. Die Deutsche Bahn musste die Anbindung zum Forchheim Knotenpunkt des Unternehmens ausschalten. 6000 Haushalte im Umkreis, die daran angeschlossen sind, konnten von 9 bis 13 Uhr weder telefonieren, noch im Internet surfen.

 

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