Familienleben inmitten des Alten Friedhofs in Forchheim

21.3.2019, 06:00 Uhr
Familienleben inmitten des Alten Friedhofs in Forchheim

© Foto: Ralf Rödel

Schwarze Marmorplatten, verwitterte Grabsteine mit Inschriften längst vergangener Tage und Engel aus Sandstein, denen die Witterung der letzten Jahrzehnte mächtig an die Flügel gegangen ist: Jahrzehntelang lehnten sie an der historischen Halle inmitten des Alten Friedhofs. Doch nun wird das Bauwerk saniert und zu einem Kolumbarium umgebaut, das Platz für Urnenbestattungen bieten soll.

Ins Jahr 1868 zurück datiert das neuromanische Bauwerk, das in früheren Zeiten bewohnt war. Die Wohnlage inmitten des Friedhofes war zweifelsohne ruhig, fast möchte man sagen, totenstill: Johann Geiger war es, der einst mit seiner Familie in dem Haus gelebt hatte.

Und: Johann Geiger war der Urgroßvater von Ulli Raab, den der Urenkel, der King Alladooch, noch in guter Erinnerung hat. Liebevoll und doch respekteinflößend sei der Uropa gewesen, blickt Raab zurück, und aus der Schublade der Anrichte habe der Uropa oftmals ein silbernes Fünf-Mark-Stück gezogen, das so groß war, dass es gerade in die kleine Kinderhand passte. Zahlreiche Foto-Alben sind im Besitz Raabs, die in schwarz-weiß weit ins Leben seiner Familie zurückblicken.

Familienleben inmitten des Alten Friedhofs in Forchheim

© Repro: Ralf Rödel

So ist Johann Geiger auf einem Foto sitzend mit seiner Frau und den sechs gemeinsamen Kindern zu sehen, direkt vor ihrem Wohnhaus im Friedhof. Schaut man ganz genau hin, kann man rechter Hand die Treppenstufe zum Hauseingang erkennen, im Hintergrund sind Grabsteine zu sehen.

Geiger war Friedhofsaufseher am Friedhof an der Birkenfelderstraße, zu Zeiten, als Forchheim nur einen einzigen Friedhof, den Alten Friedhof, hatte. Dort, wo heute die Adenauerallee den Friedhof begrenzt, fuhren früher Schiffe vorbei, dort floss der Ludwig-Donau-Main-Kanal.

Eine riesig-lange Holzstange habe der Uropa besessen, weiß Ulli Raab aus Erzählungen, mit deren Hilfe er einst Menschen aus dem Kanal herausgezogen und gerettet hat, die über Bord der treidelnden Schiffe in den Kanal fielen.

Und es war früher durchaus üblich, dass der Friedhofswärter auch eine "Betriebswohnung", eben am Friedhof, hatte. Der Friedhofswärter war in längst vergangenen Tagen auch eine Art Bestatter, er organisierte früher Beerdigungen und hob Gräber aus, wie auch Archivar Rainer Kestler vom Forchheimer Stadtarchiv bestätigt. Und er war in erster Linie dafür zuständig, dass der Gottesacker in der Früh auf- und abends wieder zugesperrt wurde.

Im Jahr 1906 entstand ein Leichenhausneubau mit einer geräumigen Wohnung für den Friedhofsverwalter an der Birkenfelderstraße.

Erst in den 1980er Jahren, informiert Gartenamtsleiter Herbert Fuchs, sei man dazu übergegangen, den Friedhof durchgehend geöffnet zu lassen, etwa auch, um Schichtarbeitern den Besuch an den Grabstätten der Verstorbenen zu ermöglichen.

Ein Sohn des Friedhofsaufsehers Johann Geiger, Konrad Geiger, der Großvater Raabs, wurde Steinmetz und hatte direkt hinter dem Haus auch seine Steinmetz-Werkstatt. Im Jahr 1924 baute er dann ein Wohnhaus mit Werkstatt in nächster Nähe zum Alten Friedhof, in der Andreas-Steinmetz-Straße. Mit dem Tod der Urgroßmutter im Jahr 1932, weiß Raab, erstarb auch das Leben im Haus im Friedhof, und der Urgroßvater zog aus dem Haus im Friedhof aus zur Familie seines Sohnes Konrad.

Alte historische Grabsteine aus der Werkstatt Konrad Geigers stehen noch heute am Rande des Friedhofes an der Dernbachstraße. Geiger selbst ist 15 Meter neben seiner alten Wirkungsstätte, seiner Werkstatt, am Alten Friedhof begraben.

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