Finanzexperte in Forchheim: "Zinssparen so attraktiv wie Fußpilz"

9.12.2018, 11:00 Uhr
Finanzexperte in Forchheim:

© Foto: Roland Huber

Robert Halver, Chef-Analyst der Baader-Bank, ist ein Mann der Bilder. Er nutzt plakative Zeichen und humorige Vergleiche in Wort und Bild, damit der Hörer sich komplexe Situationen einprägen kann. Aus dem Florida-Urlaub wird bei ihm der Tagesausflug nach Geiselwind, wenn er erklären will, was Konsumzurückhaltung in der Praxis bedeutet.

Handelskrieg zwischen USA und China

Zu Beginn der Veranstaltung flimmert auf der Leinwand das bekannte Bild vom Bullen und vom Bären. Auf die Frage nach dem derzeitigen Stand sagt Halver: "Genau auf der Spitze des Horns". Der Hausse gibt er noch für einige Monate die Oberhand. Vier große Probleme beherrschen für ihn derzeit das Agieren: Der Handelskrieg zwischen den USA und China, der Brexit, die italienische Schuldenfrage und die Zinsangst.

Zwei Container stoßen mit Wucht aufeinander, einer mit der US-Flagge und einer mit dem chinesischen Staatssymbol: Zu dieser Grafik kommentiert Halver: "Die Chinesen sind die größeren Protektionisten. Doch Obama hat sie galanter bekämpft." Die USA sieht er im Inneren wirtschaftlich nicht sonderlich stabil aufgestellt. Für ihn die Ursache, warum sie längst ihre Doktrin vom konsumierenden Amerika und produzierenden Europa aufgegeben haben.

Auch den Brexit packte er in einen Satz: "Das ist der Beweis, der Rinderwahnsinn ist auf den Menschen übertragbar." Noch ein Wort über den skurrilen englischen Humor und er hat Deutschland am Wickel.

Zinsgebundene Anlagen sinnlos

Ein Land, in dem Wirtschaftskompetenz als Krankheit empfunden würde und das wenig reformfreudig sei. Auch im eingefleischten Denken. Hier muss sogar seine Schwiegermutter — "die heilige Irene" — herhalten, um die Sinnlosigkeit plausibel zu machen, auf zinsgebundene Anlageformen zu setzen.

Die alte Dame begründete angeblich ihr Festhalten an Sparbuch und Staatsanleihen damit, dass sie das angelegte Geld gar nicht mehr brauche. "Und was ist mit der Mitgift?", fragte Halver in den Raum. Die Botschaft aus der Anekdote ist einfach: Es gibt auch eine nächste Generation.

Keine Veränderunge im Zinsniveau

"Zinssparen ist so attraktiv wie Fußpilz", lautet Halvers Credo angesichts der vielen, die über Zinspapiere ihre Altersversorgung absichern wollen. Halver erwartet nicht zuletzt wegen der Europa-Distanz etlicher Gründerländer und den Zwängen, denen Fedex und EZB unterliegen, keine Veränderungen im herrschenden Zinsniveau. Wegen der schönen Rendite werden die US-Amerikaner Trump wieder wählen und alle Welt italienische Staatsanleihen kaufen. (Staats-)Schulden würden weiter gemacht, auch wenn seit der Lehman-Pleite die weltweiten Schulden um 50 Prozent gestiegen seien, auf derzeit 250 Billionen Dollar und unter Trump noch 1,8 Billionen Dollar dazugekommen sind.

"Wir leben in einer völlig instabilen Welt", schließt Halver aus der zunehmenden Zahl von Europa-Skeptikern im europäischen Parlament. Auswege deutet Halver per Chart an: Wie sich in den letzten Monaten die Währungen der meisten Schwellenländer positiv entwickelt haben. Indien und Brasilien zum Beispiel könnten lohnende Anlageländer sein.

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