Flusskrebse aus USA erobern Oberfrankens Gewässer

3.11.2017, 11:57 Uhr
Flusskrebse aus USA erobern Oberfrankens Gewässer

© Foto: Markus Führer/dpa

Die Scheren seines Prachtexemplars hat Fritz Gebhardt noch an der Pinnwand hängen. Sie sind fast so groß wie eine Zigarettenschachtel. Ihr früherer Träger wog rund 140 Gramm. Normalerweise bringen Signalkrebse zwischen 80 und 90 Gramm auf die Waage. "Das war der Größte, den ich bisher gefangen habe", erklärt Gebhardt. Seit gut fünf Jahren fängt der Fischexperte und -händler die Tiere. Einen kleinen Teil verkauft er im Laden, die meisten liefert er jedoch an einen Gasthof in Bärnfels.

Er fischt sie teils aus der Wiesent, teils aus einem Stück im Ailsbach, dessen Besitzer ihm die Erlaubnis gab. Die Art hat sich in den letzten Jahren stark vermehrt. Allein die Wiesent, ohne ihre Nebenflüsse, ist bereits gut 40 Kilometer lang. "Nimmt man noch sämtliche Bäche, Teiche und Seen dazu, dann sind wir in einem siebenstelligen Bereich, was die Zahl der Krebse betrifft", rechnet Gebhardt vor. Genug, um zumindest in den Sommermonaten die Gasthäuser und Lokale im Landkreis mit dem amerikanischem Krustentier zu versorgen.

Doch die fränkischen Wirte ziehen nicht so recht. Haben sie die Marktlücke noch nicht entdeckt? Oder wollen sie nicht, aus Angst, die Kundschaft zu vergraulen? "So eine Neuerung einzuführen ist natürlich ein Stück weit Goldgräberarbeit", meint Gebhardt. "Es verlangt Aufwand und bringt ein gewisses Risiko mit sich." Das würden viele scheuen.

Kulinarische Spielwiese

Zumindest Georg Hötzelein, Vorsitzender der Forchheimer Kreisstelle des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, hat seinen Gästen im gleichnamigen Berggasthof in Regensberg bereits eine Flusskrebssuppe aufgetischt. Die kam bei der Gesellschaft gut an. "Natürlich ist es was zum Pulen, und man muss mehrere essen, damit man satt wird", erklärt er. Doch er könnte sich vorstellen, dass die Signalkrebse eine Zukunft auf den Speisekarten der Region finden und die Kunden die regionale Delikatesse annehmen. "Fünf bis zehn Gastronomen" würden ihm einfallen, die an einer Aktion, etwa im Rahmen von Flusskrebswochen, mitwirken würden. Mit ihnen will er demnächst ins Gespräch kommen und die Idee diskutieren.

Und böten sich die Krustentiere nicht auch als Spielwiese für die Nachwuchsköche in der Region an, die neue Rezepte erfinden und ausprobieren könnten? "Warum nicht?", meint Hötzelein, dessen Sohn selbst am Herd steht. Natürlich wäre eine gewisse Menge an Krebsen nötig, um etwa kulinarische Wochen umzusetzen. Folglich müssten auch die Fischer und Vereine mit ins Boot. Reinhard Körber, Vorsitzender des Fischereivereins, ist jedoch wenig euphorisch. "Ich würde das nicht durchziehen wollen. Die Krebse müssen ja auch lebend transportiert und aufbewahrt werden. Das ist logistisch aufwändig und macht viel Arbeit." Die sich jedoch lohnen kann, für den, der sie betreiben will: Rund 25 Euro bekommt Fischer Gebhardt für ein Kilo. Reich wird er damit zwar nicht. Aber er hat sein Sortiment und auch seinen Kundenkreis erweitert. "Wir brauchen keine antibiotika-verseuchten Shrimps aus Massenzuchten in Thailand", findet er. "Wir haben hier doch genug Krebse."

Regional und auch noch bio? Christopher Kraus, Inhaber vom Restaurant Zum Alten Zollhaus in Forchheim, hat vom Signalkrebs zwar bislang nichts gehört. Doch das "klingt interessant". Er setzt, wie er sagt, ohnehin auf regionale Produkte, das Wort Flusskrebs würde seine gehobene Speisekarte durchaus zieren. Er ist sich sicher, dass seine Kunden sich mit dem Krustentier anfreunden würden.

Artenschutz als Nebeneffekt

Zeit, sich Gedanken über ein Vermarktungskonzept zu machen, haben die Fischer und Gastronomen im Moment. Denn im Herbst gehen die wechselwarmen Signalkrebse in die Winterruhe. Sie sind dann schwerer zu fangen, weil sie sich in Löcher zurückziehen. Und sie fressen weniger. Das hilft den heimischen Fischen, für die jetzt die Laichzeit beginnt — denn die Amerikaner lassen sich mitunter auch Fischeier schmecken — neben vegetarischer Kost (siehe gelber Kasten). Ihre Bejagung würde den heimischen Arten wie beispielsweise dem Steinkrebs helfen, sich wieder zu vermehren. Bislang sind diese auf die Hilfe von Züchtern angewiesen, die junge Tiere in den Flüssen aussetzen.

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