Forchheim: Als BSE die Menschen im Landkreis zu Verrückten machte

3.11.2018, 20:00 Uhr
Forchheim: Als BSE die Menschen im Landkreis zu Verrückten machte

© Foto: Roland Huber

Thomas Gengler ist 36 Jahre und Mitten im Leben angekommen. Mit Frau und zwei Kindern wohnt der Wirtschaftsinformatiker seit neun Jahren in Strullendorf. So beschaulich ging es im Leben von Gengler nicht immer zu. Er selbst bezeichnet seine Zeit in der Band "BSE" als seine "Sturm und Drang Zeit". Gengler stand als Frontsänger in den Jahren 2000 bis 2006 an der Spitze der Kirchehrenbacher Heavy-Metal-Band. Es war die Zeit des Erwachsenwerdens. "Zwiebeln, Erdäpfel auf der Autobahn", angehaucht mit fränkischem Dialekt, waren Zeilen, die die Band in das Mikrofon brüllte. Das kam nicht immer an. "Trinkbecher sind geflogen, Zuschauer gegangen."

 

Die Band kann noch heute auf hartgesottene Fans zählen. Alle zwei Jahre kommen die Musiker bei der Kirchehrenbacher Kirchweih zusammen und lassen die alte Zeit aufleben. Für viele heutige Mittdreißiger sind das Momente der Erinnerung an ihre jungen Jahre. Thomas Gengler hält sie auf "360 Seiten Saufgeschichten" mit "zünftigen Anekdoten" fest. So sagt er das im Gespräch mit den NN. Selbstironie ist es, die auch die Buchseiten trägt.

Erfunden ist nicht viel

Erfunden ist nicht viel. "Der rote Faden im Buch ist die Bandgeschichte von BSE." Wahre Geschichten anderer Bands aus der Region greift Gengler auf, häkelt sie mit dem Faden in seinen Text ein. Die Charaktere der Bandmitglieder sind Werk der Phantasie, haben dennoch einen realen Kern. "Die Figuren im Buch haben von jedem Bandmitglied etwas mitbekommen", sagt Gengler. Alle haben eines gemein: "Den Wandel vom ziellosen Jugendlichen zum Erwachsenen."

Geschichten hat das echte Bandleben viele geliefert. Gengler erinnert sich an einen Soundcheck. Er stand am Mikrofon, als er vom Techniker gefragt wurde, wann der richtige Sänger kommt. Gengler: "Ich kann nicht singen, sondern nur in Heavy-Metal-Manier schreien." Deshalb ist seine Stimme heute nach spätestens drei Liedern weg. "Wir waren wirklich nicht gut", sagt Gengler.

Shooting im Schlachtraum

Zu BSE gehörte es, nicht nur mit der musikalischen Qualität aufzufallen. Ein Fotoshooting führte die Musiker in den Schlachtraum eines Metzgers. Viel Lokalkolorit steckt in Genglers Werk "Wer probt hat’s nötig — Die Geschichte der schlechtesten Band der Welt". Ein Lesevergnügen für die, die dabei waren, ein Stück Kulturgeschichte für den Ort. So wie schon Genglers erstes Werk "Sonntagsschüsse — Fußballfieber in der Kreisklasse" aus 2017.

Vier Monate hat er an seinem neuen Buch geschrieben. Abends, wenn die Kinder im Bett waren, hat er es sich mit dem Laptop auf dem Sofa gemütlich gemacht, die Zeilen in die Tastatur getippt oder beim Spaziergang im Wald ins Mikrofon gesprochen. Ein Computerprogramm überführt das Gesprochene automatisch in ein Textprogramm. Weitere acht Monate brauchte es zum Überarbeiten und Schleifen des Geschriebenen.

Bei den Lektoren, die ihren Blick auf die Grammatik und Rechtschreibung richten, greift er auf Frau und Freunde zurück. Einen Verlag hat Gengler für seine Werke noch nicht gefunden. "Ich habe es versucht, aber es ist schwer. Die Verlage suchen Produkte, die in ihr Marketing passen."

Seine Bücher erscheinen im Selbstverlag. Auf Bestellung druckt ein Anbieter die Bücher. Vorteil für Gengler: das finanzielle Risiko ist überschaubar. Bestellt werden kann der Roman über Online-Shops oder in Buchläden. Seine Zielgruppe — Menschen, die gerne Musik hören — erreiche er über Lesungen. Am Sonntag, 25. November, 18 Uhr, liest Gengler aus seinem neuen Buch im Musikheim Kirchehrenbach vor. Mit einem Kurzauftritt von BSE stimmt er die Zuhörer auf Auszüge seines Romans ein.

Brutale Morde

Der Autorenname Thomas Gengler taucht nicht auf. Er schreibt unter dem Pseudonym Jonas Philipps. Es diente zunächst zum Schutz, enthalten die Bücher doch feucht-fröhliche Auszüge seines Jugendlebens. Weiterer Vorteil der Anonymität: Gengler konnte von bequemer Warte aus auf den Erfolg oder Misserfolg blicken. Die Bedenken hat Gengler verloren, seinen Chef über sein schreibendes Hobby informiert.

Das nächste Werk ist schon in Produktion. Gengler wagt sich zum ersten Mal an einen Thriller. Inspirierender Moment war der Besuch eines Foltermuseums in Prag. "Damit ist schon mal verraten, in welche Richtung die düster-brutalen Morde gehen, die in Bamberg spielen."

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