Forchheim: Begeisterungsstürme toben im JTF

22.1.2018, 10:00 Uhr
Markus Schmitt gab Connie Francis. Für die Frisur ist der Künstler verantwortlich...

© Udo Güldner Markus Schmitt gab Connie Francis. Für die Frisur ist der Künstler verantwortlich...

Da hatte der „Alligatoah“ mit einem bissigen Rap über unattraktive Frauen als „Trostpreis“ wieder zugeschlagen. Das Gesangsduo hingegen, das erstmals gemeinsam auf einer Bühne stand, war der musikalische Hauptgewinn des Abends. Die angehende Kinderpflegerin Frieda Schmitt (16) aus Weigelshofen und die Schülerin Tizia Denzler (13) aus Eggolsheim haben viel von dem, was eine künstlerische Karriere erfordert.

Sie trauen sich unerschrocken ins Scheinwerferlicht, singen die emotionalen Texte voller Feingefühl und strahlen mit ihren Coversongs eine innere Freude aus.

Im ernsten ersten Teil hatten Erzähler das Wort, die sich dem Tod und den Toten zuwandten. Über Herbert Gebert (1940—2017) aus Ebermannstadt, der lang für die NN vom Kulturleben in der Fränkischen Schweiz berichtet hatte, sprach sein alter Freund Dieter George. Dabei hatten sich der konservative Kulturbeauftragte und der „angriffslustige Dunkelrote“ politisch eigentlich gegenübergestanden — waren aber ins Gespräch gekommen: „Er war ein bemerkenswerter Mensch voller Weitsicht, wir bräuchten mehr von seiner Sorte.“

Wie weit entfernt von modernen Hörgewohnheiten spätromantische Melodramen sind, musste Peter Grossmann (69) aus Amlingstadt erleben. Denn mitten hinein in den hohen Ton, mit dem er Jokay Mors (1825—1904) „Des toten Dichter Liebe“ sprach, platzten einige Lacher. Dabei war das von Franz Liszt vertonte Stück ungarischer Nationalliteratur keineswegs satirisch gedacht. Sondern ein düsteres Gemälde voller Gemetzel, Gespenster und Grausamkeiten, dem Grossmann, dessen Mutter aus Ungarn stammte, mit dramatischer pianistischer Pose Leben einhauchte.

Auch musikalisch wurde toter Helden gedacht. Wobei Helden ja stets nicht mehr am Leben sind. Wie Johnny Hallyday, der jahrzehntelang Frankreich in Ekstase versetzt und vor kurzem ein Staatsbegräbnis erhalten hatte. Sängerin und Gitarristin Christina Chapuzot (19) aus Forchheim erinnerte an das Idol ihres Vaters, eines seit über zwanzig Jahren in Franken lebenden Franzosen. Mit zwei Liebesliedern löste sie, selbst Verehrerin der Rockikone, Begeisterungsstürme aus.

Zwischendurch fahndete die Soko bei ihrer Spendensammelaktion nach dem König des Abends. In den „Galettes des rois“ hatten Franz-Josef Amling, Rudi Neite, Jean-Francois Gaborieau und Wolfgang Badura einen Miniatur-Eiffelturm aus Porzellan eingebacken. Katrin „Tinka“ Weber (Forchheim) biss an und wurde, „weil wir in Forchheim mit Königen und ihren Bädern eher schlechte Erfahrungen gemacht haben“, gleich zur Kaiserin befördert. Stilecht mit chinesischen Gewändern, die Irmgard Edle Ritter von Traitteur mit vielen anderen Kostbarkeiten dem Jungen Theater überlassen hatte.

Mit „District Monica“ hatte der Gitarrist „vor Urzeiten“ psychedelische Klänge erkundet. Das Offene Podium bereicherte Johannes Zenk (28) aus Heroldsbach auch schon mehrfach. Allerdings noch nie mit „unbekanntem Folk-Zeug“, mit dem der Design-Student sich von den Drehs zu Werbefilmen und Videos erholt. So lernten die Zuhörer melancholische Melodien der kanadischen Band „Timber Timbre“ oder der US-Indie Rock-Gruppe „Bright Eyes“ kennen und lieben.

Ob Connie Francis, mittlerweile beinahe 80 Jahre alt, auch einen Bart hat wie Markus Schmitt (Weigelshofen)? Zumindest hat sie, die wie viele andere Nicht-Deutsche den Deutschen Schlager prägte, keine so blaue Betonperücke. Und keine so tiefe Stimme.

Mit wildwucherndem Brusthaar-Toupet umgarnte Hubert Forscht als Julio Iglesias die Zuhörerinnen so lange, bis diese ihre gestärkte Unterwäsche in hohem Bogen auf die Bühne schleuderten. Da war es ein Wunder, dass er nicht von Büstenhaltern und Schnürmiedern tödlich getroffen zu Boden sank. Dort lag bereits der deutsche Schlager, den Heintje in winselnder Weinerlichkeit ertränkt hatte. Mit trockenem Humor und in kurzen Hosen zog Hubert Heintje Forscht ihn wieder an Land.

 

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