Forchheim: 100-Tage-Bilanz von Umweltminister Glauber

5.3.2019, 11:54 Uhr
Forchheim: 100-Tage-Bilanz von Umweltminister Glauber

© Ralf Rödel

Herr Minister,wie hört sich diese Anrede in Ihren Ohren an? Müssen Sie sich noch daran gewöhnen?

Thorsten Glauber: Thorsten ist mir genauso recht.

Wie findet man sich in ein Ministeramt ein?

Thorsten Glauber: Für mich war es keine Frage des Hineinfindens ins Amt. Schon am zweiten Tag standen die Fernsehteams und Journalisten bei mir im Büro und haben nach einem Hochwasserschutzkonzept für Bayern gefragt. Es gab weder 100 Tage Schonzeit noch eine Eingewöhnungsphase. In dieser Taktung ging das weiter zu Themen wie Volksbegehren, Tierschutz oder Fahrverbote in München. Es ging von Anfang an um richtig große Aufgaben.

Sie waren zehn Jahre Landtagsabgeordneter und sind jetzt Minister. Was hat sich im Arbeitsalltag geändert?

Thorsten Glauber: Ganz wichtig ist für mich, dass ich eine berufliche Ausbildung habe und als Architekt tätig bin. Das hilft in der Politik grundsätzlich. Dann war ich zehn Jahre Abgeordneter in der Opposition. Im Amt des Ministers bin ich jetzt auf der umsetzenden Seite — der Landtag erlässt Gesetze, die die Staatsregierung umsetzt. Mir ist wichtig, dass wir bei jeder Entscheidung bedenken, was das für die Kommunen und Bürger vor Ort bedeutet.

Im Wahlkampf haben Sie von 70, 80 Wochenarbeitsstunden als Landtagsabgeordneter gesprochen. Wie hat sich das Arbeitspensum geändert?

Thorsten Glauber: Wenn ich zuhause in Pinzberg bin, fahre ich morgens um vier Uhr los. Egal wo ich hingehe, ich habe immer Aktenkoffer dabei. An den Akten sitze ich auch abends noch, entweder im Büro oder zuhause. 22 Uhr ist kein seltenes Ende, bis die letzte Akte geschlossen wird. Ich bin hochmotiviert bei dieser Aufgabe, sie macht große Freude. Für seinen Kopf muss man sich zwischendurch aber eine kurze Auszeit, eine Erfrischung, holen.

Ihre Auszeiten haben Sie sich oft beim Joggen geholt. Haben Sie überhaupt noch Zeit zum Laufen?

Thorsten Glauber: So viel wie früher ist es nicht mehr, aber ich versuche es nach wie vor. Und es ist sehr positiv für die körperliche Gesundheit und den inneren Ausgleich.

Wie oft sind Sie noch in Pinzberg?

Thorsten Glauber: Ich bin mittlerweile nicht selten fünf, sechs Tage in München.

Sie sind weiterhin Dritter Bürgermeister in Ihrer Heimatgemeinde Pinzberg. Wie bekommen Sie das unter einen Hut?

Thorsten Glauber: Ich habe den Bürgermeister gebeten, die Termine für die Gemeinderatssitzungen im nächsten Vierteljahr fix einzuplanen und die stehen auch in meinem Kalender.

Sie bleiben also weiterhin im Gemeinderat aktiv?

Thorsten Glauber: Ja. Bodenhaftung ist in der Politik entscheidend.

Ein Minister im Gemeinderat, das ist schon was Besonderes.

Thorsten Glauber: Ich hoffe, es wird als etwas Tolles gesehen.

Beim Volksbegehren "Rettet die Bienen!" war der Zuspruch im Landkreis groß. Welche Herausforderungen sehen Sie auf unsere Region zukommen?

Thorsten Glauber: Es ist wichtig, dass wir ein Volksbegehren Plus gestalten. Ich glaube, dass man den Rahmen, den das Begehren fordert, noch besser machen kann. Das ist mein Ziel. Es geht nicht nur darum zu sagen, wir packen noch etwas oben drauf — Plus bedeutet, es passgenau zu machen. Der bisherige Vorschlag würde beispielsweise für den Landkreis bedeuten, dass Streuobstwiesen, 50 Meter vom Ort entfernt und 2500 Quadratmeter groß, zum Biotop erklärt werden. Das ist für uns eine gravierende Auswirkung in der Fränkischen Schweiz.

Hier muss aus meiner Sicht klar geregelt werden, dass ein Landwirt seinen Obstbaumbestand auch in Zukunft uneingeschränkt nutzen kann. Der Obstanbau ist für viele Menschen eine wichtige Einnahmequelle. Mein Ziel ist, die blühende Pracht in der Landschaft der Fränkischen Schweiz zu erhalten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Flächen bewirtschaftet werden können.

Das Insekten- und Artensterben ist nicht wegzudiskutieren, deshalb ist es mein Ziel, als Umweltminister ein gutes neues bayerisches Naturschutzgesetz zu machen.

Die Interessen im ländlichen Raum kollidieren immer wieder mit dem Naturschutz. Für die gewünschten Arbeitsplätze oder den Supermarkt stellen Gemeinden ihre vormals grüne Wiese zur Verfügung. Wie kann man diesen Konflikt entschärfen?

Thorsten Glauber: Ich bin vollkommen dafür, dass wir uns dem Thema Flächenverbrauch stellen. Die große Frage ist, wie wir Flächen sparen können. Es gibt für mich zwei naheliegende Beispiele: Warum müssen wir immer wieder neue Straßen planen? Warum sanieren wir sie nicht im Bestand? Das ist günstiger, schneller umsetzbar und ökologisch ein Mehrwert. Das ist eine Dreifach-Win-Situation.

Die Frage ist auch, wie wir mit Discountern umgehen. Wenn dort die zwei- bis dreifache Fläche im Vergleich zur Verkaufsfläche für Parkplätze gebraucht wird, dann sollte man die Stellplätze unter die Erde legen oder das Gebäude aufstellen und die Parkplätze darunter bauen. Das ist ein Kostenfaktor beim Bau, aber da müssen sich auch die Investoren bewegen.

Forchheim: 100-Tage-Bilanz von Umweltminister Glauber

© Foto: Ralf Rödel

Sie geben der Straßensanierung Vorrang vor dem Neubau. Stichwort Ostspange: Braucht es die neue Straße durch das Wiesenttal dann überhaupt?

Thorsten Glauber: Die von der Straße betroffenen Gemeinden stehen gerade in einem guten Dialog miteinander. Man muss hier eine gemeinsame Lösung suchen.

Die Ostspange ist im Bundesverkehrswegeplan als "vordringlicher Bedarf" eingestuft. Sie wird deshalb sehr wahrscheinlich gebaut werden.

Thorsten Glauber: Seit 40 Jahren wird über das Projekt diskutiert. Und es gibt keine einheitliche Position der Gemeinden. Eine nicht gemeinsame Lösung wird nicht realisiert werden, ist meine Einschätzung.

Kann es in diesem konkreten Fall eine, wie von Ihnen erwähnte, umweltverträglichere, kleinere Lösung geben?

Thorsten Glauber: Ganz klar: Ich halte die vierspurige Planung für eine Fehlplanung, die auch nicht zeitgemäß ist. Eine Lösung, die umsetzbar ist, braucht einen neuen Ansatz.

Wie könnte dieser aussehen?

Thorsten Glauber: Wir sind gerade dran, diesen zu besprechen. Erst wenn diese Besprechungen abgeschlossen sind, möchte ich etwas dazu sagen.

Was ist im Ministeramt einfacher und was ist schwieriger als gedacht?

Thorsten Glauber: Ich kann das gar nicht in diese Kategorien aufteilen. Es ist wichtig, im Tagesgeschäft die großen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Und umgekehrt nie zu vergessen, wo man herkommt.

Noch ein kurzer Blick auf die Straßenausbaubeitragssatzung: Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat im Wahlkampf dem Bürgerforum Ebermannstadt versprochen, die Strabs rückwirkend zum 1. Januar 2014 abzuschaffen. Das konnte nicht umgesetzt werden. Woran lag es?

Thorsten Glauber: Die Frage ist immer am Ende des Tages, wie weit reichen die Fristen zurück. In den Koalitionsverhandlungen hatte man ein bestimmtes Zeitfenster definiert.

Damit hatte man ein Versprechen brechen müssen für Ebermannstadt.

Thorsten Glauber: Eine Lex Ebermannstadt hat jemand anderes versprochen. Und eine solche Sonderlösung kann es im Freistaat für eine einzelne Kommune nicht geben. Man sollte nicht vergessen, es gibt für Härtefälle noch den Härtefallfonds.

Schließen wir den (Lauf-)Kreis: Werden wir den Umweltminister beim 20. Jubiläum des Fränkische-Schweiz-Marathons laufen sehen?

Thorsten Glauber: Ich will den Fränkische-Schweiz-Marathon auf jeden Fall auch als Minister laufen. Ob das gleich heuer zum Jubiläum ist, kann ich noch nicht sicher sagen. Mal sehen, was der Sommer bringt. Mit der jetzigen Fitness wäre es wohl eher nichts (lacht).

 

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