Forchheim: Die Swingariders glänzen in "Kingtown"

19.2.2019, 18:00 Uhr
Swingariders Bigband mit Jörn Kettler: Die Musiker brachten im Kolpingssaal ihre Bearbeitungen von Ohrwürmern, die dann noch einmal mehr Glamour abstrahlten.

© Udo Güldner Swingariders Bigband mit Jörn Kettler: Die Musiker brachten im Kolpingssaal ihre Bearbeitungen von Ohrwürmern, die dann noch einmal mehr Glamour abstrahlten.

Auch nach drei Stunden an der Seite Glenn Millers, Joe Zawinuls und Artie Shaws hatte das Publikum noch nicht genug. Es folgte Zugabe auf Zugabe, bis den Musikern die Lippen schmerzten. Schon lange hat Björn Kettler nicht mehr mit den Swingaraiders gesungen. Vor zehn Jahren etwa hatte er noch an der Seite Barbara Krafts gestanden und den draufgängerischen „Butz“ gegeben.

Schließlich schloss er sich vor einigen Jahren einer Ska- und Indy-Pop-Band namens „La Boum“ in Nürnberg an. Aber seine Stimme hat der Hörgeräte-Fachmann immer noch. Sie lässt ihn „Beyond the sea“ blicken, wie das zuvor schon Frank Sinatra getan hatte. Auch wenn durch das Bigband-Arrangement der lyrische Zauber des Charles-Trenet-Chansons „La Mer“ hinweggespült wurde.

Im Lauf des Abends übrigens blitzte die Erinnerung an „The Voice“ noch mehrfach auf: So beim Flug zum Mond, bei dem man in den Armen einer Frau landet. Aber auch die Bewunderung dafür, dass „Butz“ sich Cab Calloways „Minnie the Moocher“ zutraut, dessen anarchischer Scat-Gesang dem Sänger und seinem Chor im Halbdunkel einiges abverlangt.

Egal, ob sie gerade auf den Spuren Sophia Lorens wandelt, die sich an den Nonsens-Floskeln ergötzt, die dem „Mambo Italiano“ seinen exotischen Charme verleihen. Ob sie wie Norah Jones nicht weiß, warum sie gekommen ist. Das Publikum weiß, warum es da ist: Um Nathalie Bauers wandlungsfähige Stimme zu hören, die mal sanft turtelnd, dann wieder mitreißend groovig klingt.

Ins Schwanken kommt sie auch nicht, als sie Dean Martin mit „Sway“ zum Tanz auffordert. Joe Zawinuls Jazz-Ballade „Mercy, Mercy, Mercy“ wirkt dann noch in der letzten Stuhlreihe. Für Sina Herbst ist ihr Auftritt ein Heimspiel, auch wenn sich ihr Lebensmittelpunkt als „Master of Music“ und Berufsmusikerin inzwischen gen München verschoben hat.

Lyrische Zartheit

Die Künstlerin beweist mit Artie Shaws Klarinetten-Konzert, was an virtuosen Improvisationen, lyrischer Zartheit und Boogie Woogie-Wildheit möglich ist. Nicht nur beim legendären Altissimo, das auf Grund der extrem hohen Töne eine ganz besondere Griff- und Spieltechnik erfordert. Ganz in der Tradition der Kadenzen, die von Beethoven, Brahms oder Mendelssohn in ihre Solo-Konzerte eingebaut wurden, um den Zuhörern zu zeigen, was der Künstler wirklich kann.

Anschließend wird Sina Herbst das tun, was sie getan hat, bevor das Studium sie in die Landeshauptstadt verschlug: Mit Christoph Kramer, Ferdinand Kemeth, Tim Lochner und Tobias Dräger in der Saxofon-Section Töne kreieren.

Funkiges Flattern

Die Holzbläser haben nicht nur in Chick Coreas „Spain“ alle Finger voll zu tun, kaum kommt der Funk der 70er Jahre in Form eines „Chicken“ in den Kolpingssaal geflattert, schon wird das Rhythmus-Trio aus Schlagzeuger Michael Zirnsack, Bassistin Susi Lotter und Pianisten Jonathan Wagner noch lebhafter. Der hat sogar einen Synthesizer zur Hand, um den psychedelischen Eindruck dieser Zeit spürbar werden zu lassen.

Kaum zu bändigen ist das vogelwilde Federvieh, auch nicht von den Trompetern Judith Herbst, Andreas Jäger und Christian Libera, die das Geschöpf des Jaco Pastorius zu dritt nicht einmal umzingeln können. Nur mit Hilfe der posaunenden Kollegen eine Reihe weiter vorne gelingt es.

Eine „Moonlight Serenade“, die einen selbst bei wolkenverhangenen Himmel mondsüchtig werden lässt, zeigt dann noch einmal das Können der Bühnenleute. Geschmeidig schieben die Swingaraiders den Erdtrabanten ins Blickfeld. Am Ende hat die Königsstadt natürlich eine Audienz bei Nat „King“ Cole bekommen.

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