Forchheim: Lernen will gelernt sein

21.10.2017, 11:00 Uhr
Pädagoge mit Leib und Seele: Steve Bauer auf der Bildungsforums-Tribüne in der Sparkasse Forchheim.

© Philipp Rothenbacher Pädagoge mit Leib und Seele: Steve Bauer auf der Bildungsforums-Tribüne in der Sparkasse Forchheim.

Es sei schade, so Bauer bei seinem Vortrag im Rahmen des Bildungsforums in der Sparkasse Forchheim, dass man heute landläufig noch so eine antiquierte Vorstellung vom Lernen habe – den „Nürnberger Trichter“: „Wir schütten in unsere Kinder und Schüler Wissen rein und hoffen, dass was davon hängen bleibt.“ Die rund 100 Zuhörer nicken.

Dabei nähmen Eltern wie Lehrer häufig fälschlicherweise an, die Hirnstrukturen ihrer Schützlinge, die Wissen aufnehmen, seien bereits starr vorhanden. „Doch das Gehirn verändert sich permanent, es verändert sich beim Lernen.“ Je mehr „Strom“ durch Nervenzellen, Synapsen und Dendriten fließe, umso dicker werden diese Verbindungen, umso besser lerne man.

„Jeder Mensch lernt immer, die ganze Zeit, und größtenteils macht er das unbewusst“, erklärt Bauer. Es käme nicht auf die Masse an, sondern auf die Menge der Verschaltungen in dieser Masse. Bauer beweist das am Beispiel eines Franzosen, bei dem unter dem Computertomograph festgestellt wurde, dass sein Gehirn gerade einmal zehn Prozent der Masse eines menschlichen Durchschnitts-Hirnes hatte. „Trotzdem hatte er einen fast durchschnittlichen IQ und bis zum Tag der Aufnahme wäre nie jemand drauf gekommen, dass der Mann ein so kleines Hirn hat.“ Der Beruf des Franzosen? „Finanzbeamter“, verrät Bauer schmunzelnd – und in der Sparkassen-Halle bricht eine Lach-Welle los.

Lernen, das funktioniere „von Fall zu Fall“, sagt Bauer und verweist auf die ersten Gehversuche seines kleinen Sohnes. „Im Schnitt fällt ein Kind 6000 Mal hin, bevor es das Laufen gelernt hat.“ Über Erfahrungen und Beispiele oder Nachahmung vollzögen sich Lernvorgänge. „Kinder nehmen Beispiele wahr und bilden sich daraus Regeln.“

Hier kann sich Bauer ein klein wenig Gesellschafts- beziehungsweise Medienschelte nicht verkneifen, indem er fragt: „Im Fernsehen bleibt Gewalt allzu oft völlig folgenlos. Nicht gerade nachahmenswert. Und wann sind wir denn schon ein gutes Beispiel für unseren Nachwuchs? Wann haben Sie zum letzten Mal einen Fremden gegrüßt?“ Dann stellt er die wichtigste Frage des Abends: „Wann haben Sie Ihr Kind oder Ihren Schüler das letzte Mal richtig gelobt?“

Lob ist am wichtigsten

Allzu oft sehe man als Erwachsener nur das, was das Kind verbockt – während das Gefühl für gezieltes, aufrichtiges Loben fehle. „Dabei“, so Bauer, „ist Lob das allerwichtigste, es ist die Belohnung fürs Lernen.“
Lob sowie Interesse und Aufmerksamkeit zu zeigen, seien die Triebfedern, auch um Schüler, die Probleme in der Schule haben, zu motivieren.

Nach dem kurzweiligen Vortrag stellt sich Steve Bauer den angeregten Fragen aus dem Publikum, bevor sich alle nebenan in die „Testa-Rossa“-Bar zu Häppchen und Getränken begeben – sozusagen als Belohnung. Weil an diesem Abend sicher jeder wieder etwas gelernt hat.

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