Forchheim: Marco Tschirpkes skurrile Kurzlyrik

27.4.2015, 08:00 Uhr
Forchheim: Marco Tschirpkes skurrile Kurzlyrik

© Foto: Udo Güldner

„Die Aufgabe der Kunst ist es, erschöpfte Menschen auf nicht ekelhafte Weise zu zerstreuen.“ Marco Tschirpke macht es mit seinen wendungsreichen Sätzen und seinen intellektuellen Provokationen dem Publikum nicht leicht. Mit skurrilen Kürzest-Gedichten, die er mal betastend, mal tonlos in die Stille tropfen lässt, lässt er selbst Peter Hacks’ gereimte Zweizeiler wie epische Monumentalgebilde erscheinen. Kaum hat der Text begonnen, schon ist die Pointe, oder was man dafür halten könnte, zu Ende.

Tschirpkes Stärke ist das Fragment, der nicht zu Ende gebrachte Satz, der in die Welt gesetzte Gedanke. Eben: „Nicht abgehangene Zeilen.“ Für die Zuhörer sind solche reduzierten Gebilde verstörend — und zugleich befreiend. Sie dürfen deshalb lachen über schwangere Jungfrauen, kopflose Könige und Wölfe, die in der Lausitz angebaut werden.

Aber erst einmal erklärt er vergnüglich die Entstehung und Entwicklung des Stilllebens, beleuchtet mit ätzendem Humor den Reliquienwahn und belebt historische Persönlichkeiten wie die Frauenrechtlerin Clara Zetkin wieder.

„Sie müssen sich die Zeit für diese Art von Humor nehmen.“ Denn schon sind wieder einige abstruse Verse dem schelmischen Grinsen entwichen. Schon hat er wieder versucht, „die Welt mit ein paar Handgriffen zu erklären“.

Endlich ein Abend, an dem er nicht „von Dummheit umzingelt“ ist und „textlich unter- oder überforderte“ Besucher hat. Zur Belohnung beugt er sich dem Wunsch nach Obszönitäten und vertont fickende Fische zur Melodie der DDR-Nationalhymne. „Unter Ulbricht hätte es das nicht gegeben.“

Dass er damit kokettiert, überhaupt nicht zu üben oder eben ständig, sobald er auf der Bühne sitze, gehört ebenso zur Attitüde, wie die Behauptung, er habe früher Schreibmaschine getippt und das nun auf Klaviertasten übertragen. Nur als er Richard Clayderman zitiert, zittert er: „Das tut mir auch weh.“ Mit den Hämmerchen seines Instrumentes klopft er im Laufe der zwei Stunden die Hirnschalen seiner Zuhörer mürbe, bis seine absurden Einfälle den Weg hinein finden. Dort schlagen sie seither Wurzeln.

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