Forchheim und der Streit um landwirtschaftliches Bauen

25.6.2018, 10:00 Uhr
Die Kühllagerhalle von Stefan Bauer in Oberrüsselbach, die neben der abgebildeten Halle errichtet werden soll, brauchte die Intervention aus dem Landratsamt, um genehmigt zu werden.

© Petra Malbrich Die Kühllagerhalle von Stefan Bauer in Oberrüsselbach, die neben der abgebildeten Halle errichtet werden soll, brauchte die Intervention aus dem Landratsamt, um genehmigt zu werden.

Nicht nur der Bio-Landwirt Stefan Bauer aus Oberrüsselbach, der im Außenbereich eine Kühllagerhalle errichten will, stieß damit lange Zeit auf Widerstand im Gemeinderat. Erst als sich das Landratsamt eingeschaltet hatte, wurde die Kühllagerhalle genehmigt.
Grundsätzlich sollte nicht im Außenbereich, also außerhalb eines Bebauungsgebiets gebaut werden. Es sei denn, man ist „privilegiert“.

Dass sich die Gemeinde gegen diese sogenannten privilegierten Bauvorhaben wehren soll, war der Tenor der Räte, die vorschlugen, einen Anwalt zu nehmen, um künftigen privilegierten Anträgen eine Abfuhr erteilen zu können.

Doch ganz so einfach ist das nicht. „Wenn die Gemeinde dagegen vorgeht, würde sie zunächst gegen den Staat klagen“, sagt Werner Nützel, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands Forchheim (BBV). Der Igensdorfer Widerstand ist für den Bauernverbandschef nichts Ungewöhnliches. „Es ist nicht der erste Fall“, sagt Nützel. Gesetzlich verankert sind die Privilegierungen im Baugesetzbuch unter Paragraph 35 Absatz eins, Nummer eins bis acht und das schon seit Jahrzehnten.
Dieses Bundesbaugesetz trat 1960 in Kraft und wurde 1987 in das Baugesetzbuch übergeleitet.

Dort sind mehrere „Privilegierungstatbestände“ benannt. Die Land- und Forstwirtschaft fällt unter Nummer Eins. Trotzdem ist nicht jeder Landwirt privilegiert. „Ein Kleinbetrieb, der einen halben Hektar Obstfläche hat und eine 100 Quadratmeter große Halle baut, wird bald Probleme mit dem Landratsamt haben“, sagt Nützel. So kam es durchaus auch vor, dass Landwirte im guten Glauben gebaut hatten und Abrissanordnungen erhielten, weil sie nicht berechtigt waren.

„Eine Privilegierung liegt vor, wenn die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind“, sagt Ramona Steblein. Sie ist Geschäftsbereichsleiterin für Bauen und Umwelt am Landratsamt Forchheim. Ob eine landwirtschaftliche Privilegierung gegeben ist, klärt das Landratsamt mit der Fachstelle, dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF).
Um als privilegiert zu gelten, muss der Betrieb das wesentliche Einkommen aus der Landwirtschaft erwirtschaften und das Einkommen im privaten Bereich weit übersteigen.

„Keine Zersiedelung“

Der Bauernverband befürwortet das Gesetz und hat keine Befürchtungen, dass es gekippt wird: „Wir wollen keine Zersiedelung“, sagt Nützel. Doch ein Milchviehbetrieb, der seinen Stall und die Siloanlagen im Außenbereich hat, könne dann auch nach 22 Uhr noch einsilieren. „Im Dorf muss er die Arbeit um 22 Uhr beenden und kann frühestens um sechs Uhr wieder beginnen. Sonst bekommt er Probleme mit den Nachbarn“, nennt Nützel einen Vorteil.

Der Biolandwirt Stefan Bauer bestätigt das. Bei seinem Ökobetrieb ist das noch mehr eingegrenzt, lässt doch der Bioanbau nur einmalige Behandlungen zu bestimmten Zeiten zu. Bleibt man beim Beispiel Milchviehbetrieb, so sind es auch der Geruch, an dem sich die Leute stören, würde der Stall im Dorf stehen: „Das geht im Dorf nicht“, erklärt Nützel. „Man braucht eine Mindestgröße. Die Landwirtschaft muss sich weiterentwickeln.“ Die heutige Betriebsgröße liegt inzwischen bei 100 Milchkühen und mehr.

Das sei schon durch den Kostendruck gefordert: „Es herrscht ein gnadenloser Wettbewerb, da Agrarprodukte aus der ganzen Welt importiert werden können“, so der BBV-Geschäftsführer. Abgesehen von den Vorteilen und Gründen, die für die Privilegierung sprechen, haben die Landwirte auch früher schon im Außenbereich gewohnt.

Auch das Landratsamt bestätigt, dass ein Wohnhaus ein privilegiertes Bauvorhaben sein kann. „Maßgeblich ist, ob der Betrieb die ständige Anwesenheit des Leiters auf dem Betriebsgelände erfordert“, erklärt Ramona Steblein. Muss deshalb die Straße auf Kosten der Allgemeinheit gebaut werden, wie es in Igensdorf kritisiert wurde?

Die Erschließung muss gesichert sein: „Das Baugrundstück muss in einer angemessenen Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegen oder eine rechtliche Sicherung für die Nutzung eines Weges vorliegen“, sagt das Landratsamt. Aussicht auf Erfolg bei Klage gegen ein Privilegiertes Bauvorhaben gibt es nur, wenn sie darlegen kann, durch das Bauvorhaben in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit ist die Planungshoheit gemeint.

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