Forchheim: Welcher Lärm eigentlich?

18.10.2018, 18:00 Uhr
Forchheim: Welcher Lärm eigentlich?

© Mark Johnston/Archiv

"Musik wird oft nicht schön gefunden", dichtete Wilhelm Busch, "weil sie stets mit Geräusch verbunden." Viele Bürgerinnen und Bürger wären gewiss froh, würden sie nur von musikalischen Geräuschen belästigt und nicht von Lärm, der von Pkw, Motorrädern und Lkw auf den Straßen ausgeht.

Eine europäische Richtlinie schreibt nun seit einigen Jahren vor, dass Städte den Lärm an ihren Straßen messen und einen Plan vorlegen müssen, wie viele Bürger davon betroffen sind und wie sie geschützt werden können. Einen solchen "Lärmaktionsplan" hat nun auch Forchheim in Auftrag gegeben. Dabei wurden die Emissionen auf einigen Straßen gemessen, die Zahl der Betroffenen ermittelt und einige Maßnahmen empfohlen. Dieser Plan wird demnächst im Internet und im Amtsblatt veröffentlicht. Die Bürgerinnen und Bürger haben dann vier Wochen lang Gelegenheit, Stellung zu beziehen und eigene Anregungen vorzuschlagen.

Wenige Straßenzüge

Im Planungsausschuss des Stadtrates herrschte ein wenig Entsetzen, als der beauftragte Ingenieur seinen Bericht erläuterte. Denn untersucht worden waren von vornherein nur wenige Straßenzüge: Die Bamberger Straße von der nördlichen Stadtgrenze bis zur Kreuzung mit der Adenauerallee, dann die Allee weiter bis zur Eisenbahnbrücke und schließlich die Bundesstraße 470 bis zum Ortsausgang von Reuth.

Außerdem der Südast der B 470 von der Autobahnausfahrt Forchheim-Süd bis zur Eisenbahnbrücke sowie die Staatsstraße, die von Reuth nach Wiesenthau führt (Ehrenbürgstraße).

Der Grund für die Auswahl: Nur Bundes- und Staatsstraßen kommen infrage. Der Lärm der Autobahn zum Beispiel, sagte Bauamtsleiter René Franz zum Verfahren, "existiert hier rechtlich nicht". Reinhold Otzelberger (SPD) schüttelte den Kopf: "Den lärmgeplagten Bürger interessiert doch die Klassifizierung der Straße nicht." Manfred Hümmer (FW) sagte, es gehe darum, "die Hauptverkehrsstraßen zu optimieren". Die Autobahn davon auszunehmen, "geht an der Lebenswirklichkeit vorbei".

Laut dem Lärmaktionsplan sind zwischen 300 und 400 Einwohner von Werten betroffen, die über einem von der Regierung festgelegten Grenzwert liegen. Das Landesamt für Umweltschutz spricht sogar von 600 bis 900 Bürgern. Gemessen wurde in einer Höhe von vier Metern. Für die Verkehrsmengen wurden Zählungen des Straßenbauamtes von 2015 verwendet, die aber erst 2017 vorlagen. Zur Lärmminderung werden empfohlen: Schallschutzfenster (mit städtischem Zuschuss), Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs, Park-and-Ride-Plätze, Radwegenetz ausbauen, lärmmindernder Straßenbelag (in Bayreuther und Reuther Straße bereits umgesetzt).

Vor allem aber soll die Ostspange der Südumgehung für Verkehrsentlastung und somit auch Lärmminderung sorgen. Das brachte Annette Prechtel (FGL) auf eine ganz hohe Palme. Sie sei "wirklich wütend" und "verärgert", sagte sie. Die Ostspange als Maßnahme zur Verkehrsminderung zu bezeichnen sei ein Argument "vom letzten Jahrhundert". Außerdem eine "Pseudolösung, die nicht kommen wird".

In der Zwischenzeit würden die Bürger im Stadtosten mit der Verkehrs- und Lärmbelastung allein gelassen, denn: "Wir machen nix." Zwar sei man in der Lage, "unser Wiesenttal zu zerstören", aber es sei "nicht der nötige politische Wille" da, schon jetzt ein Konzept zu entwickeln, wie Lärm und Verkehr verringert werden können. Die FGL habe 2014 einen Antrag für ein "alternatives Verkehrskonzept" eingebracht. Der aber sei "nie behandelt worden". Auch Reiner Büttner (SPD) sah die Zahlen im Lärmaktionsplan als Beleg dafür an, "dass wir die Ostspange nicht brauchen".

Durch eine Ostspange, so die amtlichen Zahlen, werde der Verkehr auf der B 470 in Reuth zwischen Klinikum und Abzweigung nach Wiesenthau voraussichtlich um 3400 Fahrzeuge im Tagesdurchschnitt verringert. Gezählt wurden 2015 in diesem Bereich über 21 300 Fahrzeuge.

Udo Schönfelder (CSU) meinte, die Ostspange sei nicht in erster Linie dazu da, den Lärm zu mindern, sondern auch dazu, Staus zu vermeiden. Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD), ein erklärter Gegner der Ostspange, kehrte zum Ausgangspunkt zurück: "Wir haben die Gesetze nicht gemacht, müssen uns aber daran halten." Der Lärmaktionsplan wurde zur Kenntnis genommen und wird demnächst zur Bürgerbeteiligung veröffentlicht.

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