Forchheimer Puppentheatertage waren voller Erfolg

24.10.2016, 18:01 Uhr
Forchheimer Puppentheatertage waren voller Erfolg

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

Jeder kennt den inneren Schweinehund. Nur gesehen hat ihn noch keiner. Bis zu diesem Nachmittag im Jungen Theater. Da tollte er in der Figur des „kleinen Schweinchens“ über die „Rock-Bühne“. So nannte Anne Fülle vom „Theater Kokon“ das Gestell, das wie ein Reifrock aussah, sich aber als tragbare Bühne entpuppte. Durch kurzes Drehen wechselte die Szenerie, wie im keineswegs kindischen Kinderbuch Janoschs. Es streifte der Tiger durch den Wald, um Pilze zu sammeln. Dort traf er nicht etwa den bösen Wolf, sondern das vergnügungssüchtige Schweinchen, das ihn von der Hausarbeit und dem kochenden Bären abhielt. Eine plüschige Dreiecksgeschichte mit philosophischem Tiefgang, bei der die vier- und fünfjährigen Kinder trotzdem lauthals lachen konnten.

„Entfrusten und belüstern“

Einer, der Schillers Rede „Die Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet“ ganz genau gelesen zu haben schien, war Wolfgang Tietz (Gräfenberg-Haidhof). Mit einer Nummern-Revue aus einem verspielten Vierteljahrhundert „Theater Regenbogen“ hatte er „Zen“- oder elf Geschichten an den Fingern, mit denen er seine Zuhörer „entfrusten und belüstern“ wollte. Als anarchistischer Aufklärer packte er sein Publikum mit Esoterik und Erotik, mit östlichen Weisheiten und fränkischem Wahnsinn. Ein wahrer Konfuzius, der die Erleuchtung bis zur Herzwurzel vorantrieb. Dabei changierte Wolfgang Tietz, äußerlich einem behutsamten Karl Valentin nicht unähnlich, mit seinen subversiven Fingerpuppen zwischen klamaukiger Konsumkritik und verteufelt tiefsinnigen Gedanken.

Jan Mixsa blickte mit seinem Ein-Personen-Monolog „East Riders“ zurück auf die Zeit kurz vor, während und lange nach der „Wende.“ Dabei diente ihm ein Sammelsurium aus Einzelteilen, das sich zu einem mopedähnlichen Etwas zusammenfügte, als fahrbare Bühne.

Fast ganz ohne Puppen schlüpfte Jan Mixsa in die Charaktere einer verbitterten Rentnerin, eines weiterspitzelnden StaSi-Offiziers oder eines wegautomatisierten Fleischers. Mit geradezu genüsslichem Vergnügen wühlte er in den Befindlichkeiten ehemaliger DDR-Bürger, sparte nicht an zotigen Zonenwitzen und bitteren Wahrheiten, die einen schon beim Zuschauen deprimierten.

Forchheimer Puppentheatertage waren voller Erfolg

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

Bei Sergej Prokofjews „Peter und der Wolf“ verwandelte sich der Zuschauerraum in eine sowjetische Kolchose, eingedenk der Tatsache, dass der Komponist das musikalische Märchen tatsächlich 1936 in Moskau geschrieben hatte. Der bestens uniformierte Festivalchef Patrik Lumma an den Fäden und sein instrumentaler Genosse Franz Tröger (Bamberg) am Klavier bildeten das „Theater des Staunens“ und staunten nicht schlecht, als sich die angekündigten Orchester nicht hören ließen. Mit technischer Unterstützung des Lumma-Sohnes Arvid erzählten die hölzernen und doch sehr lebendigen Figuren die Geschichte von dem kleinen Jungen, einer unvorsichtigen Ente, schießwütigen Jägern und einem verfressenen Wolf.

Das Finale gehörte dem erneut fulminanten „Theater Fiesemadände“ aus Karlsruhe, das nicht auf der Hauptbühne, sondern im Probenraum einen höchst eigenwilligen Tom Sawyer inszenierte. Wie schon zuletzt vor drei Jahren in ihrer „Schatzinsel“ gelang dem Duo Jan Mixsa und Carsten Dittrich auch diesmal wieder ein Riesenspaß voller Wortwitz, Situationskomik und Improvisationskunst.

Unterhaltsamer Streich

Der gesamte Kosmos, mit dem Mark Twain Generationen an Lesern einen literarisch unterhaltsamen Streich gespielt hatte, kam hinter Tapeziertischen, Aluleitern und riesigen Handtüchern zum Vorschein.

Dass Tom und seine Freundin Becky, verfolgt von grausamen Schmetterlingen, ausgerechnet in einer Höhle zueinander und dazu noch einen Schatz fanden, das sollten sich Psychotherapeuten noch einmal genauer ansehen. Sie dürften dabei genauso viel Spaß haben, wie die Zuschauer.

 

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