Forchheims alter Kern hat es in sich

7.9.2018, 06:00 Uhr
Forchheims alter Kern hat es in sich

© Foto: Anestis Aslanidis

Justus May legt den Spaten weg und nimmt eine Kelle in die Hand. Eine ganze Menge Sand hat er auf dem Quadratmeter Erde schon weggeräumt. Es handelt sich hier um einen "Schnitt" in den Boden, ungefähr dort, wo sich zuletzt die Zufahrt auf den Parkplatz des Landratsamtes befand. Student Justus May, bald im fünften Semester, arbeitet für das Bamberger Archäologie-Büro ReVe.

Die Fläche, auf der Justus May steht, ist schwarz-fleckig verfärbt. Ebenso die Ränder des Schnittes. "Hier wurde jedenfalls mal ganz viel verbrannt", erklärt Maria Messingschlager. Sie ist die Grabungsleiterin. Ob es sich um eine regelrechte Feuerstelle handelt, ist noch nicht zu beurteilen. Jedenfalls zeigen die schwarzen Flecken, dass viel Holzkohle zum Einsatz kam. Justus May fährt fort, Sand beiseite zu räumen.

Schicht um Schicht

Bis Ende Oktober wird das Grabungsteam hier bleiben, so Messingschlager. Der Grundriss des künftigen neuen Gebäudes des Landratsamtes, wo einmal der neue Sitzungssaal des Kreistages, die Zulassungsstelle und das Büro des Landrates entstehen sollen, ist derzeit das Einsatzgebiet der Archäologen. Schicht um Schicht graben sie sich von der Neuzeit (Schotter und Mauer- sowie Leitungs- und sonstige Siedlungsreste) über das späte Mittelalter (Keramik) bis hinunter ins frühe Mittelalter.

Auf dem Areal verteilt sind zahlreiche rosa Linien in Kreisform zu sehen. Meistens dort, wo der Sandboden dunklere Flecken hat. Sie weisen auf früher einmal hier bestehende "Strukturen" hin. Archäologen pflegen sich bei der Interpretation von Funden sehr vorsichtig auszudrücken. Eine "Struktur" kann ein Gebäude sein, aber auch ein Ofen oder einfach eine Mauer. Einen Ofen, so Maria Messingschlager, haben sie möglicherweise auch gefunden, aber sicher ist das nicht.

Sicher ist allerdings, dass eine der gefundenen Tonscherben auf das frühe Mittelalter zu datieren ist: 6. bis 9. Jahrhundert. Die Archäologin ist sich deswegen so sicher, weil die so genannte "Wellenbandverzierung", die auf der Oberfläche eingeritzt ist, aufgrund vieler Vergleichsfunde an anderen Orten eindeutig dieser Zeit zuzuordnen ist.

Seitdem auf der anderen Wiesentseite, unter dem früheren Kloster St. Anton, klar nachgewiesen werden konnte, dass sich im heutigen Forchheim schon um 600, und damit 200 Jahre vor der urkundlichen Ersterwähnung der Stadt, Menschen niedergelassen hatten, ist ein solcher Scherbenfund eigentlich keine große Überraschung mehr, eher eine Bestätigung: "Das war schon vermutet worden", sagt Messingschlager. Warum hätten die alten "Forchheimer" auch nur auf der einen Fluss-Seite siedeln sollen?

Welche Menschen siedelten damals im heutigen Forchheim? Das, so Maria Messingschlager, bleibt Spekulation. Die Wellenbandverzierung auf Keramik wird in der archäologischen Wissenschaft slawischen Völkerschaften zugeschrieben. Aus der Geschichtsschreibung ist bekannt, dass in dieser Region "Slawen" siedelten. Aber: Gesichert ist damit noch gar nichts.

Ein Teller, ein Becher oder eine Schüssel mit Wellenbandverzierung kann sich auch im Besitz eines Angehörigen einer anderen Volksgruppe befunden haben, die sich einst hier niedergelassen hatte.

Noch ist die Sohle des Grabungsfeldes nicht erreicht: "Wir nehmen die markierten Strukturen", sagt Maria Messingschlager, "und dokumentieren sie im Profil". Dieses Vorgehen nennt sie einen "Schnitt" in die Tiefe. Maximal zweieinhalb Meter unter Straßenniveau geht es in die Historie der Stadt. Das ist die Bautiefe für den Neubau.

Ob die Markierungen letztlich auf Gebäude hinweisen oder nicht, lässt sich erst ganz zum Schluss sagen, wenn überhaupt. Messingschlager: "Wir vermessen alles, machen Fotos und Zeichnungen, und auf dem Vermessungsplan sieht man dann eventuell, ob es sich um Gebäudestrukturen handelt."

Aktuell läuft noch bis zum 28. Oktober im Pfalzmuseum die Ausstellung "Forchheim: älter als der Rest?" Sie dokumentiert die Funde der Grabungen unter dem früheren Kloster St. Anton

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