Fränkische Schweiz: Rohe Gewalt im Rausch

1.12.2016, 17:37 Uhr
Fränkische Schweiz: Rohe Gewalt im Rausch

© Huber

Es war der Tag, an dem Nils D. (Name geändert) aus der Justizvollzugsanstalt Amberg entlassen worden war. Drei Jahre und acht Monate hatte er dort eingesessen, nachdem er in den letzten Jahren mehrere Amtsgerichte beschäftigt hatte.

Kaum zurück bei der Familie habe er vom kürzlichen Tod seiner geliebten Tante erfahren, so der Angeklagte, der ohne einen Verteidiger erschienen war. Daraufhin habe er „sich ordentlich die Kante gegeben“. Mindestens zehn Bier gab er zu.

Keine Erinnerung

Was dann genau am späten Abend passiert sei, könne er heute nicht mehr sagen. Brauchte er auch nicht, denn gleich drei Zeugen hatten das Geschehen aus nächster Nähe mitangesehen. Mit einem davon war Nils D. beim Gassigehen an der frischen Luft in Streit geraten — wegen eines verschwundenen Hundehalsbandes.

Als ein Anwohner durch die „lautstarke und immer aggressiver“ werdende Diskussion auf der Straße nach dem Rechten sehen wollte, wurde er mit Beschimpfungen, Beleidigungen und einem Faustschlag gegen das Kinn empfangen.

Einem zweiten Treffer konnte der 45-Jährige so ausweichen, dass nur die Schulter leicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. Schwere Verletzungen blieben glücklicherweise aus, nur ein Bluterguss und Schmerzen waren einige Tage zu ertragen.

Toilette umgeworfen

Nach dem „seltsamen Vorfall“, so der Geschädigte, habe sich Nils D. noch weiter durch den kleinen Ort bewegt, hatte an einer privaten Baustelle eine Dixi-Toilette und mehrere Meter Bauzaun umgeworfen und dabei einige Anwohner in ihren Betten aufgeschreckt. Dabei verlor der Angeklagte selbst das Gleichgewicht und fiel in die Baugrube. Als er wieder zum Vorschein kam, hatte er einen faustgroßen Stein in der Hand, den er in einem nebenan liegenden Carport auf die Rückscheibe eines Pkw warf.

Das Geschoss durchschlug mit ungeahnter Wucht nicht nur diese, sondern auch eine Seitenscheibe und zerkratzte den Lack eines benachbarten Fahrzeuges. An den beiden Fahrzeugen entstand ein Gesamtschaden von über 2000 Euro. Ein weiterer Zeuge hatte gehört, wie Nils D. dabei gerufen hatte: „Komm heraus, ich verbrenne dich und deine Familie!“ Obwohl der Angeklagte in dem Dorf außer seinen Verwandten niemanden kannte.

Der Bewährungshelfer des Angeklagten schilderte dessen Drogen-Karriere, in der zuletzt auch Kräutermischungen und das Schmerzmittel Fentanyl eine Rolle gespielt hatten. „Selbst hinter Gittern hat er geraucht. Er galt dort als enfant terrible.“ Besonders die 17 Vorstrafen machten es Staatsanwalt Peter Bauer (Bamberg) schwer, eine Bewährungsstrafe zu beantragen.

Nils D. war bereits mehrfach wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung, Bedrohung, Nötigung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt worden. Diese einschlägigen Taten wurden ihm nun zum Verhängnis. Der Angeklagte bat um eine Bewährungsstrafe, um zu seiner neuen, von ihm schwangeren Freundin in die Nähe Hofs ziehen und sein Leben endlich auf die Reihe bekommen zu können.

„Sie müssen sich Ihr Verhalten einmal aus der Sicht der anderen vorstellen“, so Strafrichterin Silke Schneider. Sie zeigte dem Verurteilten allerdings auch einen Weg auf, die erneute Haftstrafe zu vermeiden. Wenn er in Berufung gehe und bis dahin eine feste Arbeitsstelle habe, zur Suchtberatung gegangen und vielleicht sogar mit einer ambulanten Therapie begonnen habe, dann könne es bei einer erneuten Verhandlung auch anders ausgehen. Möglicherweise sei dann auch sein viertes Kind auf der Welt. „Wenn Sie Bewährung wollen, dann müssen Sie auch etwas vorzuweisen haben.“

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